Sitzung 10

Cards (17)

  • Ethnographie
    Historischer Ursprung:
    1.Erforschung fremder und fernab liegender Kulturen:
    ▪ fremde Kultur von „innen heraus“ verstehen anstatt „armchair ethnography“
    2. Soziologische Erforschung der eigenen Gesellschaft:
    ▪ soziale Brüche & Verwerfungen der modernen Gesellschaft → Fremdheitserfahrungen
    Neues, Fremdes, Unvertrautes entdecken
    ▪ Vertrautes auf Distanz bringen (alltägliche Situationen)
    → Ziel: Fremdwahrnehmung
  • Ethnographie
    Ziel:
    ▪ Versuch, die Komplexität des untersuchten Feldes zu erfassen & soziale Praktiken in ihren natürlichen Kontexten zu beobachten „Go get the pants of your seats dirty in real research“
  • Ethnographie heute
    ▪ Feld galt lange als lokal gebunden, als geschlossener geographischer Raum
    ▪ Heute multi-sited → Was ist das Feld?
    • Personen
    • Gegenstände
    • Handlung
    • Leben/Biographie
    • Konflikt
  • Beobachtung: Alltagspraxis verstehen
    Ziel: Alltagspraxis (Triangulation; Erfahrung jenseits der Befragung)
    Medienherstellung (Redaktionsarbeit; PR-Abteilung)
    Mediennutzung (Kleinkinder; habitualisierte Nutzungsmuster)
    Medienaneignung („Tischgespräche“ im Anschluss an die Nutzung)
    Beobachtungen zielen auf:
    Handlungen
    Beziehungen zwischen Menschen
    Strukturen und Kontexte, in denen sie sich bewegen
    ▪ Aber: Beobachtung muss mit einer Befragung kombiniert werden, wenn (auch) Einstellungen, Motive oder Werturteile untersuchen werden sollen
  • Beobachtungseinheiten:
    Beobachtungsobjekte: Person, Gruppe, Zielobjekt von Handlungen
    Beobachtungsfälle: (abgrenzbare) Handlung, Zeitspanne
    Beobachtungsfeld: Raum & Zeit
    Goldene Regeln:
    Einen Akteur*in in den Mittelpunkt rücken!
    Handlungen beobachten & Dauer protokollieren!
    Feld vorher festlegen! (bsp.: relevanter Raum)
  • Beobachtungsinstrumente
    1. Beobachtungsbogen: Kategorien, Zeitintervalle
    ▪ Differenzierung abhängig von Ziel & Beobachtungsart
    Induktiv (Besichtigung & Wissen über Gegenstand) & deduktiv (Theorie, Literatur)
  • Beobachtungsinstrumente
    2. Codebuch
    ▪ Definitionen der Beobachtungskategorien
    Abkürzungen im Feld
  • Beobachtungsinstrumente
    3. Beobachtertagebuch
    ▪ Alle (Kontext-)Informationen, die aus theoreitschen Gründen keinen Platz im Beobachtungsbogen haben (Besonderheiten)
    ▪ Hilfreich für die Interpretation (z.B. Atmosphäre im Büro)
  • Beobachtungsinstrumente
    4. Gedächtnisprotokoll (im Anschluss)
    Beobachtung des Beobachters
    Situationsbeschreibung, Verhältnis zu Beobachteten
    ▪ Hinweise für die Auswertung/Interpretation (funktionieren die Instrumente)
  • Beobachtungsinstrumente
    5. Flankierende Dokumentation: Grundrisse, Fotos
  • Beobachtung: Pro & Contra
    + „Reine“ Erfahrung (Reden ≠ Handeln)
    + Habitualisierte Handlungen (Routinen)
    + Realitätsnähe (weniger reaktiv)
    • Aufwand (Fallzahl, Generalisierungen)
    • Nicht alles zugänglich
    • Ethik (McKinsey-Effekt) wird Beobachtetes gegen mich verwendet
    • Selektivität des Beobachters
    • Wissenschaftlichkeit? (Alltagsnähe)
    • Sinn nur über Befragung → Triangulation
  • Beobachtungsarten
    → Einfluss auf Reaktivität und Stichprobe!
  • Beobachtungsarten:
    Goldene Regeln in der Wissenschaft
    ▪ Keine verdeckten Beobachtungen!
    ▪ Keine aktiven Beobachtungen!
    ▪ Abweichungen von diesen beiden Regeln begründen!
    Künstliche Beobachtungen nur dann, wenn der natürliche & direkte Weg ausscheiden! Auch dies extra begründen!
    Direkte Beobachtungen bei Gegenständen mit niedriger
    Reaktivität!
    Indirekte folglich bei hoher Reaktivität!
  • Indirekte Beobachtung
    Beispiele:
    ▪ Tonband/Kamera in der Wohnung: Medienaneignung
    ▪ Festplattenrekorder zeichnet Zapping auf
    ▪ Tonband in der Redaktionskonferenz: Titelseiten-Komposition
    Vorteile:
    Geringerer Aufwand als bei direkten Beobachtungen
    Erweiterung der Gegenstandspalette
  • Herausforderung:
    Virtuelle Ethnographie
    ▪ Nicht der Mensch wird direkt beobachtet, sondern seine virtuelle Präsenz
    ▪ Logfiles und Screenshots, textanalytische & visuelle Analysemethoden
    ▪ Neue Form von armchair ethnography?
    Reale & virtuelle Welt zusammenbringen!
    Gleichzeitigkeit & Gleichörtlichkeit bleiben erhalten
  • Praktische Tipps
    Ausführliches Vorgespräch: Was wird passieren?
    →Ortskenntnis, Schwellen abbauen (Furcht vor externer Kontrolle)
    Umgebung informieren: Kollegen, Chefs …
    → Rückfragen & (lästige) Erklärungen vermeiden
    → Verdacht: Beobachtung als Kontrollinstrument
    → Schriftliches Einverständnis (vor allem im professionellen
    Kontext)
  • Praktische Tipps
    Dezente Begleitung: Zurückhaltung & Sachfragen
    → Wer war das? Warum lachen Sie jetzt?
    Instrumente vorbereiten
    Triangulation: Beobachtung + Interview (möglichst im Anschluss)