2. Archaische Mathematik (Folie 28 – 136)

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  • Woher wissen wir, wie die alten Ägypter und Mesopotamier gedacht, geschrieben, gezählt und gerechnet haben und welche Vorstellung sie von dem Raum hatten, in dem sie leben?
    o Wir gehen davon aus, dass in den Realitäten, denen frühere Kulturen ausgesetzt waren, unseren heutigen Naturgesetzen und Naturgesetzlichkeiten galten => mit heutigen Mitteln können wir viel über die Gegebenheiten der damaligen Zeit aussagen, z.B. Klima, Himmelsereignisse
    o Jede historische Aussage muss sich an einer Interpretation der überlieferten Quellen bewähren. Sie sind die Evidenz der Geschichte
  • Quellenlage Ägypten
    • Für die altägyptische Kultur ist diese frühe Phase durch keine Dokumente überliefert. Die wichtigsten (und einzigen) Quellen, welche über die mathematischen Kenntnisse und Tätigkeiten Aufschluss geben, stammen aus späterer Zeit, zu der bereits entwickelte mathematische Techniken vorliegen. Es gibt zwar Inschriften, aber die haben theologischen Charakter
  • Quellenlage Mesopotamien
    • Im Gegensatz zur Situation im alten Ägypten haben sich aus Mesopotamien eine Vielzahl von Quellen erhalten, aus denen sich die Entstehung der Schrift und früher mathematischer Notationen und Strukturen gut rekonstruieren lässt
    • Die erhaltenen Quellen sind vor allem Tontafeln, welche viel robuster als die organischen Papyri (aus Ägypten) sind
  • Vorstufen einer Zahlsymbolik
    o Zählsymbole
    o(Versiegelte) Tonkugeln mit Zählsymbolen
    o Zahlentafeln
  • Qualitative Aspekte der Quantitätsangaben von Wirtschaftsgütern
    o Nach dem Muster QuantitätMaßArt
    o z.B. dreiKörbeFisch
    o In den frühen Verwaltungstexten sind Maß und Art oft nur implizit in den Notationen enthalten und müssen aus dem Kontext erschlossen werden
    o Zahlen und Zählen sind etwas sehr Abstraktes: beim Zählen stellen wir einen Isomorphismus zwischen Zahlenreihe und Objekten her
  • Zählsymbole
    o Einfache Zählsymbole repräsentieren direkt die Einheit der drei Aspekte ohne Differenzierung
    o Gezählte Einheiten bekommen eine materielle Repräsentation
    o z.B. eine Tonkugel entspricht einem Korb Fisch
  • Protoarithmetische Operationen
    o Das Zusammenfassen einzelner oder mehrerer Zahlsteine oder Zählobjekte zu Gruppen entspricht einer Addition der repräsentierten Objekte. Dabei gehen die einzelnen Zählobjekte als Summanden in der Zusammenfassung auf bzw. unter, d.h. mit der Summenbildung verschwinden gleichzeitig die Ausgangssummanden.
    o Mit der Einführung der Schrift und von Schriftsymbolen bleiben die Summanden nach der Addition als Zeichen erhalten. Dies ist eine wichtige strukturelle Neuerung, die eine notwendige Grundlage für die Einführung eines abstrakten Zahlbegriffs darstellt.
  • Frühe Zahlzeichen
    • Zur Unterscheidung der unterschiedlichen Bedeutung einzelner Zeichen werden daher oft neue Zeichen eingeführt. Es kommt zu einer anfänglichen Proliferation der archaischen Zahlzeichen, bei denen dieselbe “Zahl” durch unterschiedliche Symbole dargestellt werden kann, je nachdem auf welches Gut und welches Maß es sich bezieht.
  • Woran merkt man, dass noch kein kontextunabhängiges/einheitliches Zahlnotationssystem existiert?
    • Arithmetische Mehrdeutigkeit von Zeichen
    A)
  • Beispiel für das Dokumentieren von Wirtschaftsgütern:
    Die Geschäfte des Kuschim
    • Zahlsymbole für Menge des Wirtschaftsguts und Rechnungszeitraum
    • Weitere Symbole für Art des Wirtschaftsguts, Name des verantwortlichen Beamten, eventuell Verwendungszweck und Funktion des Dokuments
  • Weiterer Schritt in der Ausbildung eines Zahlbegriffs: die systematische Untersuchung arithmetischer Operationen
    • Wir haben jetzt nur die Addition betrachtet
    • Es entstehen Schulen, in denen der Gebrauch der Symbole gelehrt wird
    • Im Schulkontext unabhängig von den konkreten Situationen in der Praxis
    • z.B. praktisch braucht man nur die Berechnung der Fläche eines Feldes durch Produktbildung, in der Schule auch andersherum die Berechnung der zweiten Seite eines Feldes aus der Fläche
    • teilweise tabellen- oder listenartige Tontafeln mit Aufgaben