Familie und intime Beziehungen

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  • Familiensoziologie ist eine spezielle Soziologie, die sich auf die gesellschaftlichen Teilbereiche Familie und Ehe konzentriert
  • Die Anfänge der Familiensoziologie liegen im 19. Jahrhundert; zuvor wurde Familie universell historisch betrachtet
  • Fast alle Klassiker der Soziologie haben das Thema Familie in ihren Analysen behandelt, um sozialen Wandel, soziale Integration und abweichendes Verhalten zu erklären
  • Die Familie wurde als bedeutsamer Teil der Gesellschaft betrachtet, der wesentlich dazu beiträgt, die Gesellschaft zu erhalten und zu verändern
  • In den 1920er und 1930er Jahren gab es zahlreiche Familienuntersuchungen in Deutschland
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es ein großes Interesse an familiensoziologischen Themen im Rahmen der Reeducation
  • Durch die Protestbewegung der späten 1960er und frühen 70er Jahre gab es erneutes Interesse an familiensoziologischen Fragestellungen
  • Für R. König war "Familie" ein "gesellschaftliches Total-Phänomen" und hatte paradigmatische Bedeutung für die Allgemeine Soziologie
  • Die Familie ist eine universale Einrichtung in allen menschlichen Gesellschaften und hat unterschiedlichste Formen je nach ökonomischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen angenommen
  • Zentrale Begriffe:
    • Familie: Gruppe durch verwandtschaftliche Beziehungen miteinander verbundener Personen, deren erwachsene Mitglieder die Sorge für die Kinder übernehmen
    • Verwandtschaft: Verbindungen zwischen Einzelpersonen basierend auf Heirat oder gemeinsamer Abstammung
    • Ehe: von der Gesellschaft anerkannte sexuelle Gemeinschaft zwischen Mann und Frau
    • Kernfamilie: zwei Erwachsene mit leiblichen oder adoptierten Kindern in einem gemeinsamen Haushalt
  • Großfamilien:
    • Erweiterte Familie: Kernfamilie und weitere Verwandte in aufsteigender, absteigender oder seitlicher Linie
    • Stammfamilie: Zusammenleben von Verwandten aus drei oder vier Generationen; Autoritätsperson ist der älteste Mann
    • Komplexe Familie: mehrere Kernfamilien, meist Brüder oder Schwestern, deren Ehepartner und Kinder
  • Polygame Familien:
    • Mehrfachbesetzung des Ehemannes (Polyandrie) oder der Ehefrauen (Polygenie)
    • Gruppenfamilie: Zusammenschluss nicht verwandter Ehepaare und deren Kinder zu einem Wohn- und Produktionsverband
    • Monogamie: in westlichen Gesellschaften mit einem einzigen Sexualpartner assoziiert
  • Monogamie:
    • Traditionell auf das System der Einehe angewandt
    • Bigamie, Mehrehe oder Haremsbildung ausgeschlossen
    • Bigamie ist im Westen gesetzlich nicht zulässig
    • In einigen Kulturen besteht die Erwartung der ehelichen Treue über den Tod eines Ehepartners hinaus
  • Polygamie:
    • Schätzungen zeigen, dass streng eingehaltene Monogamie eher selten ist
    • In mehr als 80% der Gesellschaften sei Polygamie zulässig
    • Beispiel: Mormonen in Utah praktizieren Polygamie
  • Familien im Vergleich zu anderen Lebensformen sind durch folgende Charakteristika gekennzeichnet:
  • Biologisch-soziale Doppelnatur: Übernahme der Reproduktions- und Sozialisationsfunktion neben variablen gesellschaftlichen Funktionen
  • Generationsdifferenzierung: Urgroßeltern/Großeltern/Eltern/Kinder
  • Spezifisches Kooperations- und Solidaritätsverhältnis zwischen Familienmitgliedern, aus dem Rollendefinitionen festgelegt sind
  • Familie erfüllt bestimmte Funktionen:
  • Fortpflanzung
  • Arbeitsteilige Produktion und Versorgung
  • Statuszuweisung bzw. soziale Placierung
  • Sozialisation und soziale Kontrolle
  • Weitere mögliche Funktionen der Familie:
  • Religiöse Funktion (Wertevermittlung)
  • Rechtliche Funktion (verfassungs- und privatrechtlich)
  • Freizeit- und Erholungsfunktion (moderne Variante der Wirtschaftsfunktion)
  • In modernen Gesellschaften werden politische, religiöse, wirtschaftliche und erzieherische Funktionen der Familie teilweise auf andere gesellschaftliche Institutionen übertragen
  • Modelle von Familien in West- und Mitteleuropa nach Stone:
  • Offene Familie
  • Eingeschränkt patriarchalische Familie
  • Geschlossene häusliche Kernfamilie
  • Unterschiede der bürgerlichen Familie im Vergleich zum multifunktionalen Lebenszusammenhang des „ganzen Hauses“:
  • Räumliche Trennung von Wohnung und Arbeitsstätte
  • Gesinde und Dienstboten werden räumlich ausgegliedert und erhalten Angestelltenstatus
  • Bürgerliche Familie bildet privatisierten, auf emotionale und intime Funktionen spezialisierten Teilbereich
  • Polarisierung der Geschlechtsrollen: Mann als Ernährer, Frau aus der Produktion ausgeschlossen
  • Kindheit wird als selbständige, anerkannte Lebensphase betrachtet
  • Entwicklungen der letzten drei Jahrzehnte:
  • Anstieg der Gesamtzahl der Haushalte, insbesondere Einpersonenhaushalte