Wozu Bundesstaaten?

Cards (42)

  • Foedus, foedera
    Bund, Bündnis, Vertrag
  • federalists
    Politiker, welche sich vor 1787 für eine gemeinsame
    Unionsverfassung stark machen
  • anti-federalists
    Politiker, welche sich vor 1787 für einen losen
    Staatenbund und die Souveränität der amerikanischen Staaten stark
    machen
  • Konföderation
    Staatenbund (ABER [historisch bedingt]: Confédération
    suisse, Confederazione Svizzera, Confederaziun svizra)
  • Föderalismus
    - Schutz der kulturellen Vielfalt
    - Schutz der politischen Vielfalt
    - Gewaltengliederung
    - Minderheitenschutz
    -Subsidiaritätsprinzip
    - Effizienz- und Effektivitätsüberlegung
  • Schutz der kulturellen Vielfalt
    - Sprache
    - Religion
    - Bewahrung historisch gewachsener Strukturen
  • Schutz der politischen Vielfalt
    - Demokratie vor Ort
    - Bewahrung lokaler Parteienstrukturen
  • Gewaltengliederung
    - vertikale Gewaltengliederung
  • Minderheitenschutz
    − erhöhte Autonomie zum Schutz einer Minderheit
    − zur Verhinderung einer Sezession oder zur Vorbereitung darauf
  • Subsidiaritätsprinzip
    philosophische Grundidee, angewendet auf verschiedene Ebenen
    eines Gemeinwesens (vgl. Art. 5a BV)
    − Grundidee eines Staatsaufbaus von unten nach oben («bottom up»)
  • Effizienz- und Effektivitätsüberlegung
    unterschiedliche regionale Bedürfnisse
    − Wettbewerb unter Gliedstaaten
  • Staatenbund (Konförderation)

    Glieder sind souveräne Staaten;
    • durch Vertrag miteinander verbun-
    den (nur einstimmig abänderbar);
    • Staatenbund als Kollektiv ohne
    Staatsqualität;
    • Staatenbund leitet seine Staats-
    gewalt von den Mitgliedstaaten ab
    (keine originäre Staatsgewalt);
    • Grundsätzlich besteht Austrittsrecht.
  • Bundesstaat (Föderation)

    Gliedern und Bund kommt
    Staatsqualität zu;
    • Glieder und Bund sind durch
    Verfassung miteinander verbunden
    (Mehrheitsprinzip);
    Verfassung verteilt Kompetenzen;
    «Kompetenz-Kompetenz» liegt
    beim Bund;
    • Grundsätzlich kein Austrittsrecht.
  • Lehre der getielten Souveränität
    - Bund ist souverän in Bundesangelegenheiten
    - Kantone sind souverän in kantonalen
    Angelegenheiten
    - Niederschlag in Artikel 3 BV (1848/1874/1999)
  • Lehre vom souveränen Bund und den Gliedstaaten
    - Bund ist souveräner Staat
    - Gliedstaaten sind zwar nicht souverän, aber
    Staaten, da ihre Herrschaftsgewalt originär ist.
    - Entspricht dem Selbstverständnis der Kantone
  • Gliedstaaten (Kantone)

    Schulwesen (Art. 62 BV und Art. 63a BV)
    Kultur (Art. 69 BV)
    Polizeiwesen (vgl. Art. 57 BV)
    • Neue Aufgaben (vgl. Art. 3 BV)
  • Zentralstaat (Bund)
    Hochschulen (Art. 63a BV)
    Kernenergie (Art. 90 BV)
    Banken und Versicherungen (Art. 98 BV)
  • Gesamtstaat (Eidgenossenschaft)

    Aussenpolitik (Art. 54 Abs. 1 BV)
    Bundesgericht als Streitschlichter zwischen Bund
    und Kantonen (Art. 189 Abs. 2 BV)
    «Kompetenz-Kompetenz» (vgl. Art. 3 und 42 BV)
  • Schweizer Eigenheiten
    - Quantitativ
    - Historische Verwurzelung der Gliedstaaten
    - Hoher Autonomiegrad der Gliedstaaten
    - Grosse Stabilität und relative Ausgeglichenheit
    - Hohe Identifikation mit dem Bundesstaat
    - Vollzugsföderalismus
  • Quantitativ
    - Grosse Anzahl Gliedstaaten (26) und
    - ihre geringe Grösse (durchschnittlich 0.3 Mio. Einwohner)
    —> anders z. B. Anzahl Gliedstaaten in Deutschland (16); Österreich (9);
    Belgien (3)
    —> anders z.B. durchschnittliche Grösse in Deutschland (5 Mio. Einw.)
  • Historische Verwurzelung der Gliedstaaten
    alle (ausser Kanton Jura) gehen auf die Zeit vor 1848 zurück.
    —> anders Deutschland (mehrheitlich 1949 oder danach)
    —> ähnlich Österreich (ausser Wien)
  • Hoher Autonomiegrad der Gliedstaaten
    —> anders Österreich
    —> ähnlich USA
  • Grosse Stabilität und relative Ausgeglichenheit
    —> ständig wechselnde Minderheiten und Konfliktlinien führt insgesamt zu
    einer ausgeglichenen Situation (sprachlich, regional, städtisch, ländlich,
    konservativ, progressiv, ökonomisch, religiös)
    —> keine Gefahr des Auseinanderbrechens in zwei Lager wegen Kongruenz
    verschiedener Konfliktlinien (wie in Belgien)
    —> keine Gefahr der Abspaltung von Minoritäten (wie in Kanada, UK oder
    Spanien)
  • Hohe Identifikation mit dem Bundesstaat
    —> ähnlich USA; anders Belgien und (teilweise) Kanada
  • Vollzugsföderalismus
    —> Bundesrecht wird mehrheitlich von Kantonen und Gemeinden
    vollzogen (sog. «marble cake federalism»): vgl. Art. 46 BV
    —> anders USA: Bund und Staaten mit je eigenen Vollzugsorganen
    (sog. «layer cake federalism»)
  • unus pro omnes - omnes pro uno

    Einer für alle, alle für einen
  • layer cake federalism
    zwei komplett getrennte Verfahren.
    Federal und State law
  • Vollzugsföderalismus
    - Bund erlässt generell-abstrakte Normen (StGB)
    - kantonale Behörden und Gerichte wenden an
    (Kantonspolizei und Kreisgericht)
    - kantonale Gerichte kontrollieren (Kantonsgericht)
    - Bundesgericht kontrolliert
  • Drei Ebenen: Bund-Kantone-Gemeinden
    «In drei Stufen steigt die
    politische Organisation auf:
    Gemeinde, Kanton, Bund.»
    (Fritz Fleiner)
  • Dreifache Relativierung
    - Gemeinde- und Kantonsebene können
    identisch sein (BS);
    - Zwischenebenen (Bezirke, Regionen)
    möglich (z.B. ZH, SZ, VS, GR);
    - Gemeindepluralismus (soweit
    nicht Einheitsgemeinden).
  • Rechtsstellung der Kantone
    • Ungeschriebener Grundsatz des schweizerischen Verfassungsrechts
    (vgl. BGE 125 II 152 E. 5 S. 166)
    • Bedeutung
    - Gleiche Rechte und Pflichten der Kantone untereinander;
    - Gleiche Rechte und Pflichten der Kantone gegenüber dem Bund;
    - Gleiche Kompetenzen (Autonomiegrad) der Kantone.
    Nicht selbstverständlich
    - aus vergleichender Sicht: Neben dem «symmetrischen»
    Föderalismus (CH, USA) gibt es zahlreiche Fälle von
    «asymmetrischem» Föderalismus (Canada, UK, E, I)
    - Gemeinden können von den Kantonen ungleich behandelt werden
    - aus historischer Sicht: Das war auch in der «Schweiz»
    nicht immer so! (vgl. noch Reihenfolge der Kantone in Art. 1 BV)
  • Ausnahme 1: Halbkantone
    Vollwertige» Kantone (Begriff «Halbkanton» verwendet die
    Bundesverfassung von 1999 nicht mehr!),
    ausser:
    - nur ein (statt zwei) Ständeräte: Art. 150 Abs. 2 BV
    - bei Ständemehr nur halbe Stimme: Art. 142 Abs. 2 BV
  • Ausnahme 2: Berücksichtigung der Einwohnerzahl

    Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger geht der Gleichheit der Kantone vor:
    Verteilung Nationalratssitze (Art. 149 Abs. 4 BV)
    • Ausschüttung von Bundeseinnahmen an Kantone (z.B. Gewinne Nationalbank: Art. 31. Abs. 3 NBG)
  • Ausnahme 3: Finanz-/Lastenausgleich
    Kantone mit (geografische, oder soziodemografische) Sonderlasten, sollen durch den Bund Ausgleich erhalten. Auch Ressourcenschwache Kantone sollen Ausgleich sowohl vom Bund, als auch von den Ressourcenstarken Kantonen erhalten.
  • Eigenständigkeit der Kantone
    -Organisationsautonomie
    -Aufgabenautonomie
    -Finanzautonomie
    -Autonomie bei der Umsetzung des Bundesrechts
  • Organisationsautonomie
    territoriale Gliederung; Konstituierung der
    Staatsorgane; Verfahren der Staatsorgane; politische Recht der Bürger;
    Verhältnis Kirche-Staat
  • Aufgabenautonomie
    Schule, Kultur, Gesundheitswesen, Polizeirecht,
    Raumplanung
  • Finanzautonomie
    Kantone bestimmen selber über Einnahmen und
    Ausgaben —> fiskalische Äquivalenz
  • Autonomie bei der Umsetzung von Bundesrecht
    Kantone bestimmen selber, in welcher Organisation und in welchem Verfahren sie Bundesrecht umsetzen
  • Aufgabenautonomie Gemeinden
    Raumplanung, Kultur, Sport, Ortspolizei
    (Bewilligungswesen), Versorgung (Wasser, Energie), Entsorgung (Abwasser, Abfall), öffentlicher Verkehr, Gemeindebürgerrecht;
    —> Neue Aufgaben fallen zuerst bei den Gemeinden an:
    - Glasfasernetz, Geothermie