Vorlesung 6 - Wirkungen auf Realitätswa., Themenre. & Wissen

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  • Definition: Interpersonale Kommunikation
    • Fokus auf Kommunikation zwischen wenigen Menschen, entweder unter Anwesenden oder mittels Nicht-Massenmedien
    • Entweder bilateral (zwei Personen) oder multilateral (mehrere Personen)
  • "The People's Choice": Erie-County Studie
    Zentrale Erkenntnisse:
    • Medienauswahl richtet sich an Voreinstellungen aus: Selektive Medienauswahl / Selective Exposure
    • Mehrheit behält ursprüngliche Meinung
    • Massenkommunikation folgt einem zweistufigen Verlauf: Two-Step-Flow of Mass Communication
    • Im unmittelbaren sozialen Umfeld der Rezipient:innen gibt es Menschen, die einflussreicher für die Einstellungsbildung sind als die Massenmedien:
    • Meinungsführerkonzept/Opinion Leaders
  • "The People's Choice": Erie-Count Studie
    Annahmen, warum Medieneffekte gering sind
    1. Stabilität der Einstellungen aufgrund eines Schutzschildes: Wähler:innen setzen sich nur solcher „Propaganda“ aus, der sie zustimmen (siehe auch Konsistenztheorien)
    2. Durch Stabilität der Einstellungen können Wähler:innen Konflikte und Uneinigkeiten in sozialer Umgebung besser vermeiden
    3. Zugleich verstärken die Kontakte mit Gruppenmitgliedern geteilte Einstellungen
    4. Änderungen nur dort, wo Wähler:innen entgegengesetzten Kräften ausgesetzt sind
  • "The People's Choice": Erie-County Studie
    Two-Step-Flow of Mass Communication
    • Die meisten Menschen nutzen selbst keine politischen Medieninhalte
    • Politische Medienbotschaften erreichen nur weniger Rezipienten direkt
    • Die meisten Menschen kommen nur im Gespräch mit anderen Menschen (die selbst politische Medieninhalte nutzen) in Kontakt mit politischen Medienbotschaften
    • Dadurch werden die Botschaften durch den Gesprächspartner gefiltert und wertend eingeordnet
  • "The People's Choice": Erie-County Studie
    Meinungsführerkonzept
    Menschen, die politische Medieninhalte selbst nutzen, unterscheiden sich systematisch von denjenigen, die dies nicht tun
    • Höherer Bildungsstand, höherer sozio-ökonomischer Status
    • Höheres politisches Interesse
    • „Persönlichkeitsstärke“ (Noelle, 2001)
    • Meinungsführer
  • "The People's Choice": Erie-County Studie
    Charakteristika Meinungsführerschaft
    • Höheres politisches Interesse
    • Kosmopolitische Orientierung
    • Höhere Mediennutzung
    • Höhere Aufmerksamkeit für die Gruppe
    • Kommen in allen sozialen Schichten vor
    • Kombination persönlicher und sozialer Merkmale
  • "The People's Choice": Erie-County Studie
    Diskussion
    • Einteilung in Meinungsführer:innen und Gefolgsleute zu einfach
    • Gibt auch „Austauscher“ und „Isolierte“
    • Meinungsführerschaft nicht genau gemessen
    • Flow nicht nur in eine Richtung; Meinungsführer:innen werden ebenso beeinflusst
    • Methodisch etwas unsauber, zentrale Behauptungen nicht empirisch belegt
    • Historischer Kontext kaum beachtet
    • Früher wenig Wechselwähler:innen, dafür stabile Parteibindung
    • Framing der Studie hin auf „minimal effects“; Strohmann?
    • Dennoch: Betonung sozialer Prozesse wichtig und richtig
  • Weiterentwicklung des Two-Step-Flow-Konzepts
    Modifizierter Two-Step-Flow
    • Tatsächlich erreichen politische Medienbotschaften und Informationen die meisten Rezipient:innen direkt
    • Medieninhalte sind aber trotzdem häufig Anlass für Gespräche
    • Hier kann eine Ergänzung und Umbewertung der Medienbotschaften erfolgen
    • Gesprächspartner sind also nicht so sehr für die Weitergabe von Botschaften und Informationen relevant, wohl aber für ihre Einordnung und Bewertung
    • Wer keine Gespräche führt, bei dem sind direkte Medieneffekte denkbar
  • Weitere Entwicklungen
    • Centrals und Marginals
    • Themenspezifische Meinungsführerschaft
    • Opinion sharing
  • Theorie der Schweigespirale
    Annahme:
    1. Menschen sind soziale Menschen
    • Isolationsfurcht
    • Ausschluss von der Gruppe bedrohlich
    • Möchten nicht ausgeschlossen werden
    • Es entsteht Konformitätsdruck
    • Gesellschaft hier primär als eine kohärente soziale Gruppe verstanden
  • Theorie der Schweigespirale
    Annahme:

    2. Menschen machen sich Bild über öffentliche Meinung
    • Menschen verhalten sich selbst wie kleine Umfrageinstitute
    • Welche Meinung herrscht aktuell vor?
    • Was ist eine Randposition?
  • Theorie der Schweigespirale
    Annahme:

    3. Spirale der Meinungsäußerung
    • Verstärkereffekt vs. Selbstzensur
    • Wer sich in Mehrheit fühlt oder glaubt, dass Popularität eigener Meinung steigt, äußert sich eher
    • Wer sich in Minderheit fühlt oder wer glaubt, dass Popularität eigener Meinung abnimmt, schweigt eher
    • Ergebnis: In der Gesellschaft gibt es
    • Laute Mehrheit / Silent Majority
    • Schweigende Minderheit / Laute Minderheit
    • Schweigespirale
  • Theorie der Schweigespirale
    Annahme:

    4. Starker Einfluss der Medien
    • Massenmedien bestimmen die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung
    • Berichte der Massenmedien werden als öffentliche Meinung (fehl-) interpretiert („doppeltes Meinungsklima“)
    • Medien sind stark, da
    • Kumulation von Information
    • Konsonanz in Leitmedien (weitestgehend; Annahme der „Mainzer Schule“: eher links)
    • Menschen können sich dem schwer entziehen
  • Theorie der Schweigespirale
    Annahme:
    5. Voraussetzung: Muss sich um normative Positionen handeln
    • Es geht weniger darum, ob etwas logisch oder faktisch korrekt oder inkorrekt ist
    • Es geht darum, ob etwas moralisch besser oder verwerflich bzw. politisch wünschenswert oder nicht wünschenswert ist
    • Weitere Einflussfaktoren: Aktualität der Debatte, Kontroverse (bipolare, unversöhnliche Meinungslager)
  • Theorie der Schweigespirale
    Diskussion
    • Eine der bekanntesten und bedeutsamsten Theorien der Kommunikationswissenschaft
    • Empirische Überprüfung unvollständig: Einfluss von Drittvariablen wurde nicht erfasst, meist nur bivariat untersucht; Operationalisierungen schwierig
    • Siehe aber neuere Studien (auch zur Anwendung in digitalen Medienumgebungen)
    • Kulturabhängig: Schweigespirale in kollektivistischen Kulturen stärker als in individualistischen
  • Theorie der Schweigespirale
    Kritik
    • Anthropologische Annahme der Isolationsfurcht zu allgemein, widersprechende Befunde zur Redebereitschaft: geringer Prozentsatz von „Anpassern“, andererseits auch „Missionare“, die bewusst ihre Minderheitsmeinungen vertreten (vocal minority)
    • Unterkomplexes Gesellschaftsbild: homogene Masse, öffentliche Meinung als reines Aggregat?
  • Der Hostile-Media-Effekt
    • Der Hostile-Media-Effekt besagt, dass Anhänger:innen einer bestimmten Position dazu tendieren, die Berichterstattung zu dem betreffenden Thema als verzerrt/einseitig/unfair wahrzunehmen, obwohl sie eigentlich neutral ist
    • Er tritt insbesondere bei kontroversen Inhalten und polarisierenden Anhängerschaften auf
    • Er ist stärker, wenn bei den Rezipierenden ein Interesse für das Thema vorhanden ist und sie über Vorwissen verfügen
    • Die Richtung der Verzerrung ist abhängig von der jeweiligen Voreinstellung
  • Der Third-Person-Effect
    • Menschen überschätzen den Einfluss medialer Berichterstattung auf andere, nehmen für sich selbst allerdings nur geringe Effekte an
    • Der Third-Person-Effekt tritt vor allem bei unerwünschten oder negativen Medieninhalten auf, z.B. bei Gewaltdarstellungen
    • Bei positiven, gewünschten Medieninhalten ist ein First-Person-Effect beobachtbar: Menschen gehen davon aus, dass der Inhalt auf sie selbst einen größeren Einfluss haben kann, als auf andere
  • Lernen
    • Lernen kann im Medienumfeld vielfältig stattfinden: z.B. in klassischen Wissensangeboten oder Lernapplikationen, aber auch in Unterhaltungsmedien
    • Deklaratives Wissen
    • = Faktische Kenntnisse über Sachverhalte (Fachliteratur)
    • Prozedurales Wissen
    • = Verständnis von psychomotorischen Fähigkeiten (Learning by doing)
  • Lernen: Definition
    1. Kognitionspsychologische Sicht: Lernen wird als Aufbau und Veränderung von Wissensrepräsentationen und damit als ein bereichsspezifischer, komplexer und mehrstufiger Prozess des Verstehens, Speicherns und Abrufens betrachtet
  • Wissenskluft-Hypothese
    Medien wirken als Trendverstärker von Wissensunterschieden zwischen den Bildungsschichten, da Höhergebildete:
    • Häufiger Printmedien nutzen
    • Schneller lernen
    • Über mehr themenspezifisches Vorwissen verfügen
    • Über mehr Medienkompetenz verfügen
    • Stärker an politischen Informationen interessiert sind
    • Inhalte durch interpersonale Anschlusskommunikation vertiefen
  • Wissenskluft-Hypothese
    Annahme: Wissen nimmt im Laufe der Zeit mit Berichterstattung zu
    • Personen aller Bildungsniveaus lernen hinzu
    • Anfangs schneller, später langsamer
    • Aber: Personen mit hohem Ausgangsniveau lernen verhältnismäßig mehr dazu
    • Matthäus-Effekt oder Rich-get-richer-Effekt
  • Wissenskluft-Hypothese
    Ergebnisse, Weiterentwicklungen:
    • Bildungsabhängige Unterschiede in der Wissensaneignung
    • Geringe Wissenskluft bei konflikthaften, polarisierenden Themen und bei Rezipient:innen mit hohem Involvement
    • „Deckeneffekte“ bei Informationskampagnen (Wissenssättigung)
    • „Digital Divide“ neue Wissensklüfte aufgrund unterschiedlicher Medienkompetenz bei der Internet-Nutzung
  • Wissenskluft-Hypothese
    Kritik
    • Wissensbegriff ist oft auf Schulbuchwissen fokussiert, das vor allem für Personen mit Mittelschicht-Hintergrund relevant ist
    • Fehlende Differenzierung zwischen Fähigkeit und Motivation zur Wissensaneignung
    • Fehlende Differenzierung zwischen Medienauswahl (Kontakt mit dem Medium), Medienrezeption (Involvement) und Medienaneignung (Anschlusskommunikation)
  • Wissenskluft-Hypothese
    Fazit
    • „Privilegierte“ Schichten eignen sich Wissen und Informationen aus den Massenmedien schneller an als weniger „privilegierte“
    • Privilegiert heißt v.a.: höhere Bildung
    • Massenmedien heißt v.a.: Printmedien
    • Dadurch fördern Massenmedien die Kluft in Wissen und Informationsstand zwischen unterschiedlichen Bevölkerungssegmenten
  • Wissenskluft-Hypothese
    Ergebnisse, Weiterentwicklungen:
    • Weitere positiv moderierende Faktoren
    • Vorwissen
    • Medienkompetenz
    • Art der Rezeption
    • Vielfalt der Medien und Anteil an Printmedien
    • Intelligenz & Kapazität
    • Sozialer Austausch
  • Lernen
    • Lernen kann im Medienumfeld vielfältig stattfinden: z.B. in klassischen Wissensangeboten oder Lernapplikationen, aber auch in Unterhaltungsmedien
    • Deklaratives Wissen
    • = Faktische Kenntnisse über Sachverhalte
    • Prozedurales Wissen
    • = Verständnis von pyschomotorische Fähigkeiten
  • Lernen: Definition

    2. Konstruktivistische Sicht: Lernen ist ein aktiver Konstruktionsprozess, der Wissensstrukturen aufbaut, aktiviert, elaboriert und organisiert
  • Lernen: Definition

    3. Behavioristische Sicht: Unter Lernen versteht man die Veränderung des Verhaltens oder von Verhaltensintentionen, die sich aus wiederholten beobachteten Erfahrungen in einer bestimmten Situation erschließen