Vorlesung 7 - Wirkungen auf Weltvorstellungen und Verhalten

Cards (28)

  • Kultivierungshypothese: Ausgangslage
    • Medien erlauben Blick in die Welt
    • Können somit Vorstellungen prägen
    • Medien geben die Welt (zwangsläufig) verzerrt wieder
    • →Mediennutzer:innen haben andere Weltbilder und Vorstellungen als Nicht-Nutzer:innen
  • Kultivierungshypothese: Ausgangslage
    • Agenda-Setting und Framing gehen davon aus, dass die Massenmedien einzelne Themen, einzelne Bewertungsattribute und Deutungsmuster für einzelne Themen betonen
    • Die Kultivierungshypothese besagt, dass die Massenmedien (besonders: Fernsehen) in ihrer Gesamtheit themenüberspannende Metabotschaften transportieren und kultivieren
  • Kultivierungshypothese: Beispiele für Metabotschaften
    • Die Welt ist gefährlich
    • Männer sind aktiv, Frauen sind passiv
    • Erfolg ist Ergebnis harter Arbeit; wer keinen Erfolg hat, hat nicht hart genug gearbeitet
  • Kultivierungshypothese: Grundannahme
    • Massenmedien = message system
    • Zugang zu Entscheidungspositionen haben nur bestimmte Menschen
    • Menschen legen ihre Sichtweise auf die Welt an die Medieninhalte an, die sie produzieren
    • Sichtweisen durchdringen als Meta-Botschaften (fast) alle einzelnen Medienprodukte und -inhalte und schaffen ein distinktes Bild der Realität
  • Kultivierungshypothese: Grundannahme
    • Intensive Auseinandersetzung mit dem Output des message system -> Unbewusst Übernahme der Metabotschaften und des Realitätsbild (Kultivierungseffekt)
    • V. a. Fernsehen wegen Audiovisualität: Wirklichkeitsnähe, geringe Nutzungshürden, direkte Verarbeitung
  • Methodische Umsetzung der Kultivierungshypothese
    • Message System Analysis
    • Inhaltsanalysen Fernsehangebot: Aufdecken der Meta-Botschaften
    • Besonderer Fokus: Gewaltdarstellungen
    • Zählen aller Gewaltakte
    • Cultivation Analysis
    • Befragungen in der Bevölkerung (Einteilung in bestimme Kategorien)
    • Mainstreaming
  • Kultivierungshypothese:
    First- vs. Second-order-cultivation
    • First-order-cultivation: Übernahme von Vorstellungen über soziale Realität (Fakten)
    • Second-order-cultivation: Ableiten von Einstellungen und Normen
  • Kultivierungshypothese:
    Kultivierung durch das Gesamtangebot vs. genrespezifische Kultivierung
    • Neuere Kultivierungsstudien gehen davon aus, dass es angebotstypische inhaltliche Muster gibt, die sich entlang von Genres strukturieren lassen
  • Fazit und Diskussion: Kultivierungshypothese
    • Grundannahme: Die Massenmedien sind ein message system, über das einheitlich sogenannte Meta-Botschaften verbreitet werden
    • Wirkungshypothese, setzt aber ein spezifisches Muster von Medieninhalten voraus
    • Verzerrung der Realitätswahrnehmung kann auch zu entsprechendem Verhalten führen
  • Sozialkognitive Lerntheorie: Annahme
    • Menschen lernen nicht ausschließlich durch eigene Erfahrung
    • Menschen lernen ebenso am Modell
    • Wir beobachten Umfeld und Verhalten anderer
    • Wir beobachten Konsequenzen: folgt Belohnung oder Bestrafung?
    • Wenn Belohnung, steigt Wahrscheinlichkeit, Verhalten zu übernehmen (und vice versa)
    • Führt zu sog. Stellvertretenden Lernerfahrungen (vicarious learning)
    • Wichtig
    • Verhalten und Konsequenz müssen salient sein (heißt: durchdringend, wahrnehmbar)
  • Sozialkognitive Lerntheorie: Modell-Lernen
    • Lernen von Verhalten aufgrund der bloßen Beobachtung dieses Verhaltens bei anderen (Modelle)
    • Vier Prozesse sind beteiligt
    • Aneignungsphase
    • Aufmerksamkeitsprozesse: Welche potentiellen Modelle nehme ich wahr und welche Aspekte ihres Verhaltens nehme ich war?
    • Gedächtnisprozesse: Welche Aspekte des Modell-Verhaltens werden als neue (oder veränderte) kognitive Schemata im Gedächtnis abgelegt
    • Ausführungsphase
    • Motorische Reproduktionsprozesse: Wie setze ich das Verhalten um?
    • Verstärkungs- und Motivationsprozesse: Will ich das Verhalten überhaupt umsetzen
  • Sozialkognitive Lerntheorie: Modell-Lernen
    Zentrale Bedingungen
    • Verstärkung des Verhaltens
    • Selbst-Wirksamkeit
    • Wahrgenommene Attraktivität des Modells
    • Wahrgenommene eigene Ähnlichkeit zum Modell
    • Visuelle Beobachtbarkeit des Verhaltens des Modells
    • direkte Beobachtung
    • Beobachtung in Bewegtbild
    ->Identifikationspotential
  • Sozialkognitive Lerntheorie: Implikationen und Diskussion
    Implikation
    • Verhalten anderer wird häufig kopiert
    • Einstellungen folgen daraus und ergeben sich eher implizit
    • Vor allem für Einstellungserwerb relevant (nicht für -veränderung)
    Kritik
    • Beobachtung und Kopie lediglich eine Weise von vielen, Einstellung zu lernen
    • Effekte von Verhalten auf Einstellungen sollte nicht überschätzt werden
  • Medien und Sozialverhalten (mit Fokus auf Gewalt): Aggression
    • Sozialpsychologie: Aggression meist ein Verhalten, welches dazu ausgeführt wird, um einer anderen Person zu schaden, während andere Person dazu motiviert ist, Schaden abzuwenden
    • „Schaden“ nicht nur physische oder psychische Verletzungen, sondern auch Beschädigung sozialer Beziehungen
    • Beobachtbares Verhalten und absichtlicher Schaden beim anderen
    • Gewalt als intensive Form der Aggression, mit dem Ziel einer anderen Person schweren Schaden zuzufügen
  • Theorien zur gewalthemmenden Wirkung von Medien
    Katharsisthese
    • Menschen, wenn sie aggressive Verhaltensweisen bei anderen beobachten oder selbst ausführen, können ihre eigenen aggressiven Triebe wie durch ein Ventil ablassen und würden dadurch geläutert werden
    • Menschen in aggressiver Stimmung nutzen Medien und bezeugen dort aggressives Verhalten, was ihnen Abhilfe ihrer Aggressivität schafft
    • Die These gilt u.a. wegen der widersprüchlichen Studienlage als widerlegt
  • Theorien zur gewalthemmenden Wirkung von Medien
    Inhibitionsthese
    • Gerade bei empathischen Menschen kann aggressives Verhalten durch die Beobachtung von Gewalt in den Medien reduziert werden, wenn negative Konsequenzen der Gewalttaten dargestellt werden
  • Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien: Zusammenfassung
    Die sozial-kognitive Lerntheorie geht davon aus, dass Menschen Verhalten bei Modellen in den Medien beobachten und von ihnen lernen
    • Unter bestimmten Bedingungen wird das Verhalten nachgeahmt
    • Die Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten wird durch den Realismus der Darstellung erhöht
  • Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien: Zusammenfassung
    Die Kultivierungshypothese geht davon aus, dass Menschen von Kindheit an mit Darstellungen von Gewalt in traditionellen Medien konfrontiert sind und durch sie sozialisiert werden
    • Das kann zum „Mean World Syndrome“ führen: Insbesondere Menschen die viel fernsehen, nehmen die Welt als bedrohlicher wahr, als sie ist
    • Der Effekt konnte für Viel- vs. Wenigseher belegt werden, allerdings wird er von anderen Faktoren beeinflusst und kann nicht problemlos auf andere Medien übertragen werden
  • Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien: Desensibilisierungshypothese
    • Habitualisierungshypothese nimmt an, dass Reaktionen auf einen bestimmten Reiz mit Zunahme der Wiederholungen abnehmen
    • Die Generalisierungshypothese geht zusätzlich davon aus, dass Habitualisierung auch für Reaktionen auf Reize gilt, die dem ursprünglichen Reiz ähnlich sind
    Für die Annahme, dass bestimmte Gehirnareale, die für die Verarbeitung gewalthaltiger Videospiele zuständig sind, bei häufigerem Spielen abnehmen, finden sich keine eindeutigen Belege
  • Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien
    • Frustrations-Aggressions-Hypothese: Erleben von Frustration begünstigt aggressives Verhalten
    • Frustration = Ausgelöst durch Ereignis, bei dem Person am Erreichen eines Ziels gehindert wird
    • Nach einigen Experimenten Anpassung zu moderierten Mediationsmodell
    • Frustrationserlebnisse führen zu negativem Affekt, welcher sich auf aggressives Verhalten auswirkt
    • Beide Zusammenhänge können von individuellen Faktoren und äußeren Umständen verstärkt oder gehemmt werden
    • Bei der Nutzung von interaktiven Medien kann Frustration entstehen
  • Nutzung gewalthaltiger Videospiele im General Aggression
    • Die Nutzung gewalthaltiger Videospiele erhöht die Verfügbarkeit aggressiver Skripte, die in kognitiven Prozessen aktiviert werden können
    • So steigt die Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten
    • Kritik: Andere Faktoren die zu aggressivem Verhalten führen können
  • Studienlage:
    • Zahlreiche Einzelstudien, viele unterschiedliche Ergebnissen
    • Da es ethisch nicht vertretbar ist, aggressives Verhalten in realitätsnahen Formen zu messen, müssen andere Methoden genutzt werden, die jedoch häufig wegen mangelnder Vergleichbarkeit kritisiert werden (oder fehlendem Bezug zur Realität)
    • Eine Meta-Analyse, die drei unabhängige, widersprüchliche Meta-Analysen betrachtet, zeigt einen signifikanten aber sehr kleinen Effekt von gewalthaltigen Videospielen auf aggressives Verhalten. Andere Faktoren scheinen also deutlich wichtiger zu sein
  • Differential Susceptibility to Media Effects (DSMM): Grundidee
    • Proposition 1: Medieneffekte sind konditional. Sie hängen von drei Klassen von Rezipient:inneneigenschaften ab (differential susceptibility variables)
    • Dispositionen: Geschlecht...
    • Entwicklungsbedingte Variablen: kognitiver Entwicklungsstand…
    • Soziale Variablen: Familien- und Peereinflüsse…
    • Proposition 2: Medieneffekte sind indirekt. Sie hängen von kognitiven, affektiven und physiologisch-erregungsbezogenen Verarbeitungsprozessen ab
    • ➢ Je ausgeprägter die drei Verarbeitungsprozesse, desto stärker der Medieneffekt
  • DSMM: Grundidee
    • Proposition 3: Die Rezipient:inneneigenschaften (differential susceptibility variables) haben zwei Rollen
    • Sie beeinflussen Medienauswahl (Role 1: predictors)
    • Sie beeinflussen, wie ein ausgewählter Medieninhalt verarbeitet wird (Role 2: moderators)
    • Proposition 4: Medieneffekte sind transaktional. Sie haben Rückwirkungen auf
    • Medienauswahl
    • Verarbeitungsprozesse
    • Rezipienteneigenschaften
    • ➢ Tragen somit wiederum selbst zur Veränderung anderer Medieneffekte bei
  • DSMM: Fazit
    • DSMM ist ein neues Modell, welches berücksichtigt, dass verschiedene Faktoren beeinflussen, ob und wie ein Medieninhalt bei den Rezipient:innen wirken kann
    • Berücksichtigt auch langfristige Entwicklungen, die aber innerhalb des DSMM nur schwierig empirisch zu testen sind
  • Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene
    • Ausgangsprämisse
    • Medien haben gesellschaftliche Bedeutung (bspw. für Demokratie)
    • Effekte können auch dysfunktional sein
    • z.B. Wissenskluft & Digital Divide
    • Medien beeinflussen Informationszugang und Wissensverteilung
    • Schweigespirale
    • Medien beeinflussen Vorstellungen über Meinungsverteilungen und stoßen damit neue Dynamiken an
  • Medien und Gesellschaft
    • Fokus nicht auf Individuum, sondern Summe der Individuen
    • Stimmungsbilder und Verhaltensmuster in der Gesellschaft
    • Veränderungsprozesse in der Gesellschaft
    • Betrachtung von Emergenz und emergenter Phänomene
  • Bedeutung für Medien und Gesellschaft
    • Medien verändern die Gesellschaft
    • Aber
    • Medieneffekte weiterhin individuell
    • Einzelpersonen rezipieren
    • Einzelpersonen werden überzeugt
    • Individuelle Effekte führen zu unterschiedlichem Gesamtbild und Muster, die auf individuelle Vorstellungen und Verhaltensweisen zurückwirken („Mikro-Makro-Link“)