Medien geben die Welt (zwangsläufig) verzerrt wieder
→Mediennutzer:innen haben andere Weltbilder und Vorstellungen als Nicht-Nutzer:innen
Kultivierungshypothese: Ausgangslage
Agenda-Setting und Framing gehen davon aus, dass die Massenmedien einzelne Themen, einzelne Bewertungsattribute und Deutungsmuster für einzelne Themen betonen
Die Kultivierungshypothese besagt, dass die Massenmedien (besonders: Fernsehen) in ihrer Gesamtheit themenüberspannende Metabotschaften transportieren und kultivieren
Kultivierungshypothese: Beispiele für Metabotschaften
Die Welt ist gefährlich
Männer sind aktiv, Frauen sind passiv
Erfolg ist Ergebnis harter Arbeit; wer keinen Erfolg hat, hat nicht hart genug gearbeitet
Kultivierungshypothese: Grundannahme
Massenmedien = messagesystem
Zugang zu Entscheidungspositionen haben nur bestimmte Menschen
Menschen legen ihre Sichtweise auf die Welt an die Medieninhalte an, die sie produzieren
Sichtweisen durchdringen als Meta-Botschaften (fast) alle einzelnen Medienprodukte und -inhalte und schaffen ein distinktes Bild der Realität
Kultivierungshypothese: Grundannahme
Intensive Auseinandersetzung mit dem Output des message system -> Unbewusst Übernahme der Metabotschaften und des Realitätsbild (Kultivierungseffekt)
V. a. Fernsehen wegen Audiovisualität: Wirklichkeitsnähe, geringe Nutzungshürden, direkte Verarbeitung
Methodische Umsetzung der Kultivierungshypothese
MessageSystem Analysis
Inhaltsanalysen Fernsehangebot: Aufdecken der Meta-Botschaften
Besonderer Fokus: Gewaltdarstellungen
Zählen aller Gewaltakte
Cultivation Analysis
Befragungen in der Bevölkerung (Einteilung in bestimme Kategorien)
Mainstreaming
Kultivierungshypothese:
First- vs. Second-order-cultivation
First-order-cultivation: Übernahme von Vorstellungen über soziale Realität (Fakten)
Second-order-cultivation: Ableiten von Einstellungen und Normen
Kultivierungshypothese:
Kultivierung durch das Gesamtangebot vs. genrespezifische Kultivierung
Neuere Kultivierungsstudien gehen davon aus, dass es angebotstypische inhaltliche Muster gibt, die sich entlang von Genres strukturieren lassen
Fazit und Diskussion: Kultivierungshypothese
Grundannahme: Die Massenmedien sind ein messagesystem, über das einheitlich sogenannte Meta-Botschaften verbreitet werden
Wirkungshypothese, setzt aber ein spezifischesMuster von Medieninhalten voraus
Verzerrung der Realitätswahrnehmung kann auch zu entsprechendem Verhalten führen
Sozialkognitive Lerntheorie: Annahme
Menschen lernen nicht ausschließlich durch eigene Erfahrung
Menschen lernen ebenso am Modell
Wir beobachten Umfeld und Verhalten anderer
Wir beobachten Konsequenzen: folgt Belohnung oder Bestrafung?
Wenn Belohnung, steigt Wahrscheinlichkeit, Verhalten zu übernehmen (und vice versa)
Führt zu sog. StellvertretendenLernerfahrungen (vicarious learning)
Wichtig
Verhalten und Konsequenz müssen salient sein (heißt: durchdringend, wahrnehmbar)
Sozialkognitive Lerntheorie: Modell-Lernen
Lernen von Verhalten aufgrund der bloßen Beobachtung dieses Verhaltens bei anderen (Modelle)
Vier Prozesse sind beteiligt
Aneignungsphase
Aufmerksamkeitsprozesse: Welche potentiellen Modelle nehme ich wahr und welche Aspekte ihres Verhaltens nehme ich war?
Gedächtnisprozesse: Welche Aspekte des Modell-Verhaltens werden als neue (oder veränderte) kognitive Schemata im Gedächtnis abgelegt
Ausführungsphase
MotorischeReproduktionsprozesse: Wie setze ich das Verhalten um?
Verstärkungs- und Motivationsprozesse: Will ich das Verhalten überhaupt umsetzen
Sozialkognitive Lerntheorie: Modell-Lernen
Zentrale Bedingungen
Verstärkung des Verhaltens
Selbst-Wirksamkeit
Wahrgenommene Attraktivität des Modells
Wahrgenommene eigene Ähnlichkeit zum Modell
Visuelle Beobachtbarkeit des Verhaltens des Modells
direkte Beobachtung
Beobachtung in Bewegtbild
->Identifikationspotential
Sozialkognitive Lerntheorie: Implikationen und Diskussion
Implikation
Verhalten anderer wird häufig kopiert
Einstellungen folgen daraus und ergeben sich eher implizit
Vor allem für Einstellungserwerb relevant (nicht für -veränderung)
Kritik
Beobachtung und Kopie lediglich eine Weise von vielen, Einstellung zu lernen
Effekte von Verhalten auf Einstellungen sollte nicht überschätzt werden
Medien und Sozialverhalten (mit Fokus auf Gewalt): Aggression
Sozialpsychologie: Aggression meist ein Verhalten, welches dazu ausgeführt wird, um einer anderen Person zu schaden, während andere Person dazu motiviert ist, Schadenabzuwenden
„Schaden“ nicht nur physische oder psychische Verletzungen, sondern auch Beschädigung sozialer Beziehungen
BeobachtbaresVerhalten und absichtlicher Schaden beim anderen
Gewalt als intensive Form der Aggression, mit dem Ziel einer anderen Person schwerenSchaden zuzufügen
Theorien zur gewalthemmenden Wirkung von Medien
Katharsisthese
Menschen, wenn sie aggressive Verhaltensweisen bei anderen beobachten oder selbst ausführen, können ihre eigenen aggressiven Triebe wie durch ein Ventil ablassen und würden dadurch geläutert werden
Menschen in aggressiver Stimmung nutzen Medien und bezeugen dort aggressives Verhalten, was ihnen Abhilfe ihrer Aggressivität schafft
Die These gilt u.a. wegen der widersprüchlichen Studienlage als widerlegt
Theorien zur gewalthemmenden Wirkung von Medien
Inhibitionsthese
Gerade bei empathischen Menschen kann aggressives Verhalten durch die Beobachtung von Gewalt in den Medien reduziert werden, wenn negative Konsequenzen der Gewalttaten dargestellt werden
Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien: Zusammenfassung
Die sozial-kognitiveLerntheorie geht davon aus, dass Menschen Verhalten bei Modellen in den Medienbeobachten und von ihnen lernen
Unter bestimmten Bedingungen wird das Verhalten nachgeahmt
Die Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten wird durch den Realismus der Darstellung erhöht
Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien: Zusammenfassung
Die Kultivierungshypothese geht davon aus, dass Menschen von Kindheit an mit Darstellungen von Gewalt in traditionellen Medien konfrontiert sind und durch sie sozialisiert werden
Das kann zum „Mean World Syndrome“ führen: Insbesondere Menschen die viel fernsehen, nehmen die Welt als bedrohlicher wahr, als sie ist
Der Effekt konnte für Viel- vs. Wenigseher belegt werden, allerdings wird er von anderen Faktoren beeinflusst und kann nichtproblemlos auf andere Medien übertragen werden
Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien: Desensibilisierungshypothese
Habitualisierungshypothese nimmt an, dass Reaktionen auf einen bestimmten Reiz mit Zunahme der Wiederholungenabnehmen
Die Generalisierungshypothese geht zusätzlich davon aus, dass Habitualisierung auch für Reaktionen auf Reize gilt, die dem ursprünglichen Reizähnlich sind
Für die Annahme, dass bestimmte Gehirnareale, die für die Verarbeitung gewalthaltiger Videospiele zuständig sind, bei häufigerem Spielen abnehmen, finden sich keineeindeutigen Belege
Theorien zur gewaltfördernden Wirkung von Medien
Frustrations-Aggressions-Hypothese: Erleben von Frustrationbegünstigtaggressives Verhalten
Frustration = Ausgelöst durch Ereignis, bei dem Person am Erreichen eines Ziels gehindert wird
Nach einigen Experimenten Anpassung zu moderiertenMediationsmodell
Frustrationserlebnisse führen zu negativemAffekt, welcher sich auf aggressives Verhalten auswirkt
Beide Zusammenhänge können von individuellen Faktoren und äußeren Umständen verstärkt oder gehemmt werden
Bei der Nutzung von interaktiven Medien kann Frustration entstehen
Nutzung gewalthaltiger Videospiele im General Aggression
Die Nutzung gewalthaltiger Videospiele erhöht die Verfügbarkeit aggressiver Skripte, die in kognitiven Prozessen aktiviert werden können
So steigt die Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten
Kritik: Andere Faktoren die zu aggressivem Verhalten führen können
Studienlage:
Zahlreiche Einzelstudien, viele unterschiedliche Ergebnissen
Da es ethisch nicht vertretbar ist, aggressives Verhalten in realitätsnahen Formen zu messen, müssen andere Methoden genutzt werden, die jedoch häufig wegen mangelnder Vergleichbarkeit kritisiert werden (oder fehlendem Bezug zur Realität)
Eine Meta-Analyse, die drei unabhängige, widersprüchliche Meta-Analysen betrachtet, zeigt einen signifikanten aber sehr kleinen Effekt von gewalthaltigen Videospielen auf aggressives Verhalten. Andere Faktoren scheinen also deutlich wichtiger zu sein
Differential Susceptibility to Media Effects (DSMM): Grundidee
Proposition 1: Medieneffekte sind konditional. Sie hängen von drei Klassen von Rezipient:inneneigenschaften ab (differential susceptibility variables)
Proposition 2: Medieneffekte sind indirekt. Sie hängen von kognitiven, affektiven und physiologisch-erregungsbezogenen Verarbeitungsprozessen ab
➢ Je ausgeprägter die drei Verarbeitungsprozesse, desto stärker der Medieneffekt
DSMM: Grundidee
Proposition 3: Die Rezipient:inneneigenschaften (differential susceptibility variables) haben zwei Rollen
Sie beeinflussen Medienauswahl (Role 1: predictors)
Sie beeinflussen, wie ein ausgewählter Medieninhalt verarbeitet wird (Role 2: moderators)
Proposition 4: Medieneffekte sind transaktional. Sie haben Rückwirkungen auf
Medienauswahl
Verarbeitungsprozesse
Rezipienteneigenschaften
➢ Tragen somit wiederum selbst zur Veränderung anderer Medieneffekte bei
DSMM: Fazit
DSMM ist ein neues Modell, welches berücksichtigt, dass verschiedene Faktoren beeinflussen, ob und wie ein Medieninhalt bei den Rezipient:innen wirken kann
Berücksichtigt auch langfristige Entwicklungen, die aber innerhalb des DSMM nur schwierig empirisch zu testen sind
Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene
Ausgangsprämisse
Medien haben gesellschaftliche Bedeutung (bspw. für Demokratie)
Effekte können auch dysfunktional sein
z.B. Wissenskluft & Digital Divide
Medien beeinflussen Informationszugang und Wissensverteilung
Schweigespirale
Medien beeinflussen Vorstellungen über Meinungsverteilungen und stoßen damit neue Dynamiken an
Medien und Gesellschaft
Fokus nicht auf Individuum, sondern Summe der Individuen
Stimmungsbilder und Verhaltensmuster in der Gesellschaft
Veränderungsprozesse in der Gesellschaft
Betrachtung von Emergenz und emergenter Phänomene
Bedeutung für Medien und Gesellschaft
Medien verändern die Gesellschaft
Aber
Medieneffekte weiterhin individuell
Einzelpersonen rezipieren
Einzelpersonen werden überzeugt
Individuelle Effekte führen zu unterschiedlichem Gesamtbild und Muster, die auf individuelle Vorstellungen und Verhaltensweisen zurückwirken („Mikro-Makro-Link“)