Unterhaltung

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  • Was ist Unterhaltung? 
    • Unterhaltung kann vielseitige Formen annehmen und ist hoch individuell
    • Herausforderung, eine allgemeine wissenschaftliche Definition zu finden, die dennoch individuelle Aspekte des Unterhaltungserlebens berücksichtigen kann.
    • Vorderer (2001): Unterhaltung nicht als eine in Unterhaltungsmedien inhärente Eigenschaft, sondern explizit als Rezeptionsphänomen, welches individuell bei der Nutzung bestimmter Angebote stattfindet und unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann. 
  • Mediennutzung (Unterhaltung) als Eskapismus 
    • Früher: eskapistische Mediennutzung als primär dysfunktionale Verhaltensweise, die nur zur Betäubung aktueller Probleme durch seichte Unterhaltungsformate (z.B. Daily Soaps) dient. 
    • Heute: Unterschiede in der Art und Weise des Eskapismus
    -Dysfunktionaler Eskapismus: Flucht in Medieninhalten, um sich von Problemen und negativem Affekt abzulenken
    -Funktionaler Eskapismus: Coping-Strategie, Stress-Abbau und Erlangen von positivem Affekt 
  • Unterhaltungserleben: Klassische Definition
    • In der kommunikationswissenschaftlichen Unterhaltungsforschung wird Medienunterhaltung meist als Rezeptionsphänomen definiert:
    -> Unterhaltung ist, was Rezipient:innen als unterhaltsam wahrnehmen (Bosshart & Macconi, 1998)
    • Traditionell wird das Unterhaltungserleben als angenehmer und positiver Erlebenszustand beschrieben:
    • Die klassischen Definitionen des Unterhaltungserlebens nehmen somit eine rein hedonische Sichtweise ein: Unterhaltungserleben ist das reine Vergnügen an der Medienrezeption
  • Mood Management Theorie (Zillmann, 1988)
    •Annahme 1: Hedonismus
    • Menschen suchen angenehme Zustände
    • Menschen vermeiden negative Zustände
    •Annahme 2: Homöostase 
    • Menschen suchen angenehmes Stimulationsniveau
    • Menschen vermeiden Über- und Unterstimulation
  • MoodManagement
    • Mediennutzung führt zu speziellen Emotionen, Affekten und Stimmungen
    ->Kann entspannen, unterhalten, aufmuntern, ablenken
    • Menschen lernen, welches Medienverhalten zu welchen Empfindungen führt
    • Sobald Mediennutzung hilft, einen bestimmten Zustand zu erreichen, verfestigt sich die Mediennutzung
    • Dieser Vorgang ist implizit
    • Basiert auf dem Prinzip der Konditionierung
  • MoodManagement
    Anknüpfung an UGA?
    Es geht wieder um die selektive Zuwendung zu Medienangeboten
    Aber:
    • Engeres Spektrum an Inhalten: vorwiegend Unterhaltungsangebote
    • Engeres Spektrum an Zuwendungsgründen: Affekt
    • Vertiefung der Motivgruppe „Unterhaltung“
    • nähere Motive nicht unbedingt bewusst 
  • MoodManagement
    Affekt & Arousal
    •Zwei Dimension des Affekts
    • negative vs. positive Stimmung
    • überregte vs. unterregte Stimmung
    •Grundmotiv 1: Individuen möchten negative Stimmungen abbauen/ positive Stimmungen erhalten (Hedonistische Motivation).
    •Grundmotiv 2: Individuen streben ein mittleres Erregungsniveau an.
    •Nicht notwendigerweise bewusst (!) -> Verhaltenstheorie
  • MoodManagement
    Stimmungsregulation durch Medienzuwendung
    •Stimmungsregulation erfolgt durch
    • Manipulation der Umgebung
    • Wechsel in eine andere Umgebung
    • (Umdeutung der Umgebung)
    •Bedeutung der Medien
    • Ermöglichen leicht einen symbolischen Umgebungswechsel
    •Erste Befunde (1988)
    • Gelangweilte Individuen nutzen bevorzugt erregende Inhalte.
    • Gestresste Individuen nutzen:
    ->teils wenig erregende Inhalte
    ->teils sehr erregende Inhalte
  • MoodManagement
    Kritik und Weiterentwicklungen
    Problem mit MoodManagement:
    • Wollen wir immer in möglichst guter Stimmung sein?
    • Wie erklären wir die Nutzung von Medieninhalten mit negativer Valenz?
    Alternative 1: Mood Adjustment
    • Manchmal ist es funktional, unterstimuliert oder schlecht gelaunt zu sein
    • Stimmungsregulierung orientiert sich also an der in einer spezifischen Situation zweckmäßigen Stimmung
    Alternative 2: Eudaimonisch motivierte Medienzuwendung
  • Unterhaltungserleben
    • Aktuelle Ansätze zum Unterhaltungserleben: Zwei-Prozess-Modelle
    • Neue Zwei-Prozess-Modelle des Unterhaltungserlebens berücksichtigen auch die non-hedonische Seite der Medienunterhaltung
    • Hedonische Seite: Spaß, Spannung 
    • Non-hedonisch: 2 verschiedene Konzeptionen 
  • Non-hedonische Seite:

    Intrinsische Bedürfnisse
    • Menschen streben nicht immer nach hedonischem Glück, sondern nach psychologischem Wachstum(Self-Determination Theory, Ryan Deci, 2000)
    • Intrinsische Bedürfnisse:
    -Kompetenz
    -Autonomie
    -Soziale Verbundenheit
    • Mediennutzung orientiert sich an diesen Bedürfnissen (Tamborini et al., 2011)
  • Non-hedonische Seite:
    “Appreciation”
    • Statt Streben nach Unterhaltung, Suche nach „Meaningful Entertainment“(Oliver & Raney, 2011)
    • Form des Genusses von Medien auf höherer kognitiver Ebene
    • Wird empfunden bei:
    -Moralischer/ästhetischer Schönheit
    -Erinnerung an die eigene Endlichkeit und den Sinn des Lebens
  • Zwei Glücksbegriffe in der antiken Philosophie (Platon, Aristoteles)
    •Hedonisches Glück:  Maximierung von Lust,Vermeidung von Schmerz
    •Eudaimonisches Glück: Erkenntnis, Lebenssinn,Selbstentwicklung
  • Extrinsische Motivation
    •Wir tun Dinge deswegen, weil wir müssen oder weil sie Mittel zum Zweck sind
    • „Pflichtaufgaben“
    • Typische Beispiele: Arbeiten, Haushalt, Schule, Prüfungsvorbereitung, Aufräumen
    •Extrinsische Motivatoren: Gehalt, Süßigkeiten für gute Noten
  • Intrinsische Motivation
    •Wann sind wir intrinsisch motiviert, etwas zu tun?
    • Wir tun Dinge allein deswegen, weil wir Freude daran haben
    • „Spaß an der Freude“
    • Typische Beispiele: Spielen, Musikhören, Malen, Sport, Feiern, …
    •Vorteile
    • Längere Auseinandersetzung mit Inhalten
    • Etabliert stabile Verhaltensmuster
    • Erhöht die Qualität der Ergebnisse
  • Was fördert die intrinsische Motivation
    Kompetenz (Competence
    •Fühle ich mich kompetent?
    •Richtiges Schwierigkeitsniveau entscheidend
    • Aufgabe zu leicht: unterfordernd, „witzlos“
    • Aufgabe zu schwer: überfordernd, frustrierend
    • Aufgabe unter Fokus lösbar: „sweetspot“
    •Medienbezug
    • Quizshows, Computerspiele (z. B. mit adaptivem Schwierigkeitsgrad
  • Was fördert die intrinsische Motivation
    Autonomie (Autonomy)
    •Mache ich eine Aufgabe freiwillig?
    •Innerhalb einer Aufgabe, habe ich mehrere Optionen/Freiheitsgrade?
    •Freiheitsgrade ermöglichen individuelles Verhalten je nach Interesse, Lust & Laune
    •Medienbezug
    • Netflix: Möglichkeit zu schauen, was man will und wann man will
    • Podcasts
    • GTA o.ä.: offene Welt, freies Verhalten möglich
  • Was fördert die intrinsische Motivation
    Eingebundenheit (Relatedness)
    •Eingebundenheit in ein soziales Miteinander
    •Menschen sind „soziale Tiere“
    •Soziale Einbettung tut gut, befriedigt Grundbedürfnis
    • Bedingung: Darf nicht dysfunktional sein, 
    • Sondern sinnvoll, wertschätzend, funktional
    •Medienbezug
    •Soziale Netzwerkseiten, Public Viewing, Coviewing, LAN-Parties
     
  • Self-Determination Theory und Mediennutzung
    • Unterhaltung als intrinsische Bedürfnisbefriedigung
    (Die Nutzung von Computerspielen kann zur Befriedigung aller drei SDT-Bedürfnisse beitragen. Die Bedürfnisbefriedigung korreliert stark mit dem Unterhaltungserleben)
  • Empathie und affektive Dispositionen
    •Empathie ist eine wichtige Voraussetzung für das Spannungs-und Unterhaltungserleben bei der Medienrezeption
    •Empathie ist jede übereinstimmende emotionale Reaktion auf die Beobachtung der emotionalen Reaktionen anderer Personen
    •Empathie entsteht aus zwei Gründen
    • Angeborene reflexhafte Reaktionen, z. B. Mimikveränderungen bei der Beobachtung von dargestellten Emotionen
    • Kognitive Prozesse, z. B. das Nachvollziehen von Handlungen der Protagonist:innen
  • Affective Disposition Theory
    •Affektive Dispositionen sind emotionale Einstellungen gegenüber Film-Charakteren
    •Sie entstehen in einem moralischen Bewertungsprozess und lenken unsere Erwartungen und Wünsche bezüglich des Handlungsverlaufs
    •Ausgangspunkt sind moralische Urteile über eine Medienfigur, beruhend auf Beobachtung ihres Handelns
    • Positive Urteile -> positive affektive Disposition
    • Negative Urteile -> negative affektive Disposition
    •Affektive Dispositionen ändern sich dynamisch mit aktualisierter moralischer Bewertungen
  • AffectiveDisposition Theory –Rezeptionsverlauf und -erleben
    •Beobachtung:Was tut der Charakter?
    •Moralisches Urteil: Handelt er gut oder schlecht?
    •Affektive Disposition: Handelt er gut oder schlecht?
    •Erwartungen: Held soll gewinnen, Bösewicht verlieren
    •Spannung: Gewinnt der Held?
    •Auflösung: Ist es gut ausgegangen?
    •Emotionale Reaktion: Freue ich mich?
  • AffectiveDisposition Theory
    •Positive affektive Disposition -> Empathisches Miterleben, Wunsch nach (für die Medienfigur) positivem Ereignisverlauf
    •Negative affektive Disposition -> kein empathisches Miterleben, Wunsch nach (für die Medienfigur) negativem Ereignisverlauf
    •Eintritt des gewünschten Ereignisverlaufs führt zu positives Emotionen 
    •Ausbleiben des gewünschten Ereignisverlaufs führt zu negativen Emotionen 
    •Wunsch nach einem spezifischen Ereignisverlauf und Unsicherheit über dessen Eintreten sind ursächlich für das Erleben von Spannung
  • AffectiveDisposition Theory und Rezeptionserleben
    • Spannung als Rezeptionsphänomen wird maßgeblich von 3 Faktoren beeinflusst:
  • Affective Disposition Theory und Rezeptionserleben
    -Die Auflösung von Spannung führt zu Euphorie
    -Euphorie wird ausgelöst, wenn ein befürchteter Schaden für den Protagonisten/die Protagonistin abgewendet oder deutlich abgeschwächt wird
    -Die Euphorie ist umso stärker:
    • je stärker die positive Einstellung gegenüber dem Protagonisten ist
    • je stärker die negative Einstellung gegenüber dem Antagonisten ist
  • Parasoziale Interaktion
    -Fernsehen verfügt über keinen Rückkanal, parasoziale Interaktionen stellen somit „Als-ob“-Beziehungen zwischen Rezipient:in und Persona dar 
    -Zwischen Rezipient:innenund Persona kommt es zu „gefühlter Wechselseitigkeit“
    -PSI entsteht durch automatisierte Prozesse der sozialen Wahrnehmung:
    • Wir kategorisieren alle Objekte in unserer Umgebung unwillkürlich in unbelebte Dinge vs. soziale Akteure
    • Medienpersonae werden als soziale Akteure kategorisiert und behandelt, obwohl eine direkte Interaktion mit ihnen nicht möglich ist
  • Parasoziale Interaktion (PSI)
    • PSI bezeichnet die unvollständige Illusion einer direkten Interaktion zwischen Rezipient und Persona (Medienfigur)
    • Medialitätsbewusstsein bleibt erhalten -> spielerische Gestalt von PSI
    • Beispiel
    ->Gruß des Nachrichtensprechers beantworten 
    ->Anschreien von Serienfigur, die unerwünschte Handlungen ausführt
  • PSI
    Eine Reihe von Einflussfaktoren entscheidet über die Stärke der PSI, z.B.:
    • Die Obtrusivität der Persona, also ihre mediale Präsenz oder Aufdringlichkeit
    • Die Attraktivität der Persona, also die Dauer und Häufigkeit ihres Auftretens
    • Die direkte Ansprache des Rezipienten/der Rezipientin durch die Persona
    • Die Attraktivität der Persona
    • Der Grad an Anthropomorphismus (Menschenähnlichkeit) der Persona und ihre Realitätsnähe(z.B. Mensch vs. Alien)  
  • PSI
    • Aus PSI können im Zeitverlauf parasoziale Beziehungen entstehen, die längerfristige Bindungen zu einer Persona beschreiben 
    • Parasoziale Beziehungen stellen in der Regel keine innigen Freundschaften dar und leisten für die Mehrheit der RezipientInnen keinen Ersatz für reale Beziehungen 
    • Parasocial Breakup: „Trennungsschmerz“ bei Verschwinden der Persona (bspw. Einstellung der Serie)
  • Identifikation
    -Imaginativer Prozess einer starken kognitiven und emotionalen Verbindung zwischen Rezipient:innen und Persona
    -Temporäre Übernahme der Perspektive, Identität, Gefühle, Ziele der Persona
    -Einhergehend mit verringerter Selbstwahrnehmung und einem verringerten Bewusstsein für die eigene Rolle als Rezipient/Rezipientin
    -Fördernde Faktoren
    • Wahrgenommene Ähnlichkeit zur Persona
    • Attraktivität/positive Wertung der Persona
    • Erzählperspektive (aus Sicht der Persona)
  • Identification& Transportation ?
    „Though identification involves absorption in the text, this absorption is not general, as is transportation, but rather is specific to feeling absorbed into the story through the position and role of the character with whom one identifies“ 
  • Unterschiede zwischen affektiver Disposition, PSI und Identifikation
    • Sowohl bei empathischen Reaktionen als auch bei PSI handelt es sich um dyadische Prozesse: Der/die Rezipient:in nimmt sich und den/die Protagonist:in als unterschiedliche Personen wahr
    • Bei der Identifikation kommt es zum „Verschmelzen“ von Rezipient:in und Protagonist:in
  • Unterhaltung online
    • Im Internet lassen sich zwei grundlegende Formen medialer Unterhaltung identifizieren
    • “Unterhaltung1.0”
    -> Internet als „Trägermedium“ für klassische Formate:
    -Redaktionelle Inhalte
    -Bewegtbilder: TV-Livestream, Mediatheken, Video on Demand, YouTube etc.
    -Audio: Internetradio, Podcasts etc.
    • “Unterhaltung2.0”
    -> Internet als interaktives Medium
    ->.Möglichkeiten des „Web 2.0“ zur:
    -Kommunikation
    -Partizipation
    -Produktion
    -Online- und Browser-Games