Beschreibung der materiellen und existenziellen Lage der Deutschen
Ankunft zu neuen Ufern
Thematisch und stilistisch exemplarisch für die Sehnsucht nach einem Neuanfang
Hoffnung auf einen generationellen Neubeginn: Wolfgang Borchert, „Ankunft zu neuen Ufern"
Zusammenbruch des Nationalsozialismus: politisch-kulturelles Vakuum, Orientierungslosigkeit, Zerstörung (z.B. Dresden) und Kriegstote = Schock
Generationen nach 1945
Die Generation der Eltern
Die „enttäuschte und verratene Generation"
Hoffnung auf gründliche Auseinandersetzung mit Vergangenheit, radikale Umgestaltung, Tabula rasa und Neubeginn><patriarchalische Gesellschaftsstrukturen, überkommene Besitzverhältnisse, das Privateigentum an Produktionsmitteln
Problem: Trauma der Deutschen und die politische Realität (Besatzung der Alliierten) => der ersehnte Umbruch bleibt aus, stattdessen Wiederaufbau und Kontinuität
Antifaschistisch-demokratische Ordnung
In Realität: Sozialismus / stalinistische Machtpolitik und Aufbau Diktatur: SED
Rückkehr von (kommunistisch/sozialistisch orientierten) Exilanten
Nationalisierung von Industrie, Bodenreform
Aufbau des Sozialismus mit Hilfe exilierter Autoren
Kritische Auseinandersetzung mit Nazi-Vergangenheit
„Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands" (J.R. Becher): „Vernichtung der Naziideologie auf allen Lebens- und Wissensgebieten"; ein öffentliches Forum für verschiedene antifaschistische / humanistische Positionen, erst später kommunistisch
Aufbau (Verlag und Zeitschrift): Kulturpolitik unter stalinistischer Prägung
Marshall-Plan, Währungsreform (Reichsmark -> deutsche Mark)
Idee der Kollektivschuld: national-militaristischer Volkscharakter
Kampagne zur nationalen Umerziehung der Deutschen nach amerikanischem Muster („re-education"): u.a. die Nürnberger Prozesse
Propagierung liberaler, demokratischer, humanistischer Werte, zunehmend anti-kommunistisch und auch konservativ (vs. sozialistisch gesinnte „junge Generation")
Überwachung der Kultur, Zensur (vs. die kritische, junge Generation: Der Ruf)
Eine korrektive Bewegung: Verbot von nationalsozialistischen Schriften
Eine konstruktive Bewegung: ins Deutsche übersetzte Literatur, die den Umerziehungszielen entsprach
Der Ruf
Politisch-kulturelle Zeitschrift, hrsg. v. Alfred Andersch & Hans Werner Richter (1946)
Unabhängig: kritische Position, auch zur Politik der Siegermächte
Ablehnung der Kollektivschuldthese und Betonung des deutschen Leidens
Hoffnung auf gesellschaftlichen Wandel und tiefgreifende Veränderung
Verbot bis Redaktionswechsel
Gruppe 47
Privatinitiative Hans Werner Richter
29 Tagungen (bis 1967): Autorenlesungen von unveröffentlichten Manuskripten: Werkstattcharakter
Literaturpreise: Wegweiser der neuen Literatur
Blütezeit in den 1950er/frühen 1960er Jahren
Später: Kommerzialisierung, Ritualisierung und Überzahl von Establishment-Literaturvermittlern (bzw. von wichtigen Verlegern, Kritikern, Lektoren)
Entpolitisierung => Scheitern in den „politischen" 60er Jahren
Wichtigste Schriftstellergruppe der Nachkriegszeit, aber stark mystifiziert und überschätzt
Literatur der Stunde Null, Literatur des Kahlschlags: Abkehr von poetischer Tradition und Konservatismus
Trümmerliteratur // die tastbare Realität der Ruinenlandschaft (materiell und geistig/spirituell)
Traumatische Erfahrungen ließen sich nicht einfach abstreifen
Neigung zur Verdrängung der Trümmerwirklichkeit
Sprache durch NS missbraucht (Rhetorik, Pathos…) => beschmutzt, verdächtig
Fortwirken konservativer poetischer Traditionen aus dem Dritten Reich (innere Emigranten) und Traditionen der 20er/30er Jahre (Exil)
Kontinuität: Formtraditionalismus, Verdrängung; Naturlyrik; Flucht in zeit- und weltferne Idyllen; z.B. Gottfried Benn, Statische Gedichte (1948)
Versuch zur neuen poetischen Sprache, Bilderwelt, Metaphorik => Lyrik, die in „Sprache, Substanz und Konzeption […] von vorn anfängt, ganz von vorn" (Wolfgang Weyrauch: „Tausend Gramm", 1949)
Gedicht 'Inventur'
Unterstrukturierung (keine komplizierten formalen Merkmale) / das Prinzip von Wiederholung & Variation
7 kurze Strophen, die jeweils 4 Verse enthalten, kein festes Metrum, kein Reimschema
Zueignen (mein) = auch eine Verteidigungsgebärde: Besitzaneignung (schützen vor „begehrlichen Augen")
Benennen (Name und oft auch Funktion des Objektes)
Günter Eich: '„Ich schreibe Gedichte, um mich in der Wirklichkeit zu orientieren. Ich betrachte sie als trigonometrische Punkte oder als Bojen, die in einer unbekannten Fläche den Kurs markieren. Erst durch das Schreiben erlangen für mich die Dinge Wirklichkeit. Sie ist nicht meine Voraussetzung, sondern mein Ziel. Ich muß sie erst herstellen."'
Innerhalb einer total zerstörten Umwelt steckt das Ich sich wieder einen eigenen minimalen Existenzraum ab
Der Dichter ‚rezykliert' Abfall, aber auch die Sprache -> Intertextualität (das Gedicht „Jean Baptiste Chardin" von Richard Weiner)