Literatur in der DDR

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  • DDR
    Deutsche Demokratische Republik
  • Die DDR als Erziehungsdiktatur
  • Merkmale des autoritären Regimes
    • Gemeinschaftsgefühl schaffen (SED, FDJ), Sinngebung kreieren
    • Die Macht wird nie in Frage gestellt; Autoritäten haben immer Recht
    • Indoktrination (Fahnenappell, Militärunterricht, der Sozialismus als roter Faden in allen Bereichen der Gesellschaft)
    • Gewaltausübung, Gefangenschaft, soziale Ausgrenzung als Folge eines kritischen Benehmens
    • Erschaffung eines Feindbildes: der Westen = Nazis
  • Literatur in der DDR
    • Zentrale Funktion in der "Erziehungsdiktatur" DDR
    • Grundsätzliche Instrumentalisierung des literarischen Diskurses
    • Literatur als Teil des sozialistischen Systems
    • Der Schriftsteller als "Volkserzieher", Typus des 'Großschriftstellers'
  • Kluft zwischen realem Sozialismus und Utopie überbrücken/ überspielen
  • DDR-Kulturpolitik
    "Demokratisierung" nationaler Bildungsgüter, auch der Literatur
  • DDR als "Literaturgesellschaft" und "Leseland"
    • Umfassende Demokratisierung und Vergesellschaftlichung der Literatur auf allen Ebenen (= totale Kontrolle aller Stufen zwischen Produktion und Rezeption)
    • Hohe Auflagen > ein Volk von Lesern?
    • Relativ hoher Status und Privilegien des Schrifstellers
  • Einschränkungen der Literatur in der DDR
    • Zensur
    • Publikationsverbot
    • Ausbürgerung
    • Stasi-Bespitzelung
  • Ghettoisierung der Hochliteratur & Vermarktung der Literatur in nicht-sozialistischen Gesellschaften
  • Antifaschistischer Konsens in den 1950er Jahren
    • Neubeginn: Gründungsmythos; Staat & Literatur antifaschistisch und sozialistisch orientiert; Selbstverständnis als ‚Sieger der Geschichte'
    • Abrechnung mit der Nazi-Vergangenheit und mit der BRD
  • Autoren-Generationen in den 1950er Jahren

    • Generation: aus dem Exil Wiedergekehrten (Anna Seghers, Johannes Becher, Bertolt Brecht)
    • Generation: NS-Regime als jugendliche Mitläufer erlebt (Christa Wolf, Heiner Müller); neuer Glaube: totalisierende Weltanschauung des Marxismus
  • Kontinuität vs. Bruch
    • Kontinuität: im Sinne der autoritären, gesellschaftlichen und politischen Strukturen
    • Widerspruch: ehrlich geglaubter Antifaschismus vs. Komplizenschaft mit dem Repressionssystem des ‚Sozialismus von oben'
  • Funktionalisierung der Literatur

    • Literatur eingeschaltet in die Planwirtschaft
    • Nicht: Bewusstsein des Menschen erweitern
    • Sondern: Bereitschaft zur Arbeit, materielle Produktion erhöhen
  • Bertolt Brecht: '„Die Kunst ist nicht dazu befähigt, die Kunstvorstellungen von Büros in Kunstwerke umzusetzen. Nur Stiefel kann man nach Maß anfertigen."' (zu der "Parolenliteratur")
  • Sozialistischer Realismus
    Gegenüber Formalismus: „die objektive Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung"
  • Publikationsverbote nach 1956: Entstalinisierung (kurze Periode der Toleranz)
  • Der Bitterfelder Weg (Konferenz April 1959) 

    • Dialog zwischen "Kopfarbeitern" (Schrifstellern) und Handarbeitern
    • Aufhebung der Grenze zwischen Kunst und Leben
    • Arbeiterliteratur
  • Vom Aufbauroman zur Ankunftliteratur
    • Ankunftliteratur: sozialistisch gewendete Bildungs-und Entwicklungsromane
    • Optimismus
    • Affirmatives Ende
    • Beschränkter Konflikt als Lernprozess
    • Dogmatische Formierung des Sozialismus prägt Inhalt und Form
  • Uwe Johnson
    • Beginn der Moderne in der antimodernistischen Erzählliteratur der DDR (neue Erzähltechniken)
    • Opus Magnum: Mutmaßungen über Jakob (1959, in BRD veröffentlicht): Modernisierung der Erzählliteratur, experimenteller Erzählstil, problematisiert das ‚Ankommen im Sozialismus'
  • Heiner Müller
    • Gilt als eigentlicher Erbe Brechts
    • Kritisch-ambivalente Lehrstücke
    • Der Lohndrücker: Entfremdung des Arbeiters im real existierenden Sozialismus nicht aufgehoben, sondern verschoben und verdrängt
    • Revolution des Inhalts Revolution der Form
    • Lebenslange Auseinandersetzung mit Widersprüchen und Problemen des marxistischen Fortschrittdenkens (Vernunft, Utopie, Ideal vs. Macht, Gewalt, Triebhaftigkeit)
  • 13. August 1961: Sperrmauer zwischen Ost- und Westberlin, ‚Republikflucht' unmöglich
  • Umbruch in den 1960er Jahren

    • Blick der DDR-Autoren notgedrungen auf ihre eigene Lage gerichtet
    • Zunehmend kritisch, aber immer mehr Zensur
    • Abschließung und Abgrenzung einer eigenen „sozialistischen, deutschen Nationalkultur"
    • Weitere Instrumentalisierung/ Ökonomisierung der Literatur
    • Kritik der Versachlichung der Gesellschaft in der Literatur (Ch. Wolf, G. Kunert)
  • Vergangenheitsbewältigung (Holocaust)

    Jureck Becker, Jakob der Lügner (1968)
  • Kritik des Ankunftmodells
    Problematisches Verhältnis des Individuums zum Staat, Konflikte zwischen individuellen und gesellschaftlichen Erwartungen und Zielen
  • Durchbruch moderner Erzähltechniken
    Rückblende, innerer Monolog, komplexere und subjektivere Erzählstrukturen (Abschied vom auktorialen Erzählen)
  • Christa Wolf
    • Der geteilte Himmel (1963): gescheiterte Liebesbeziehung im Kontext des Mauerbaus, Selbstmordversuch der 'positive' Heldin
    • Nachdenken über Christa T. (1969): "subjektive Authentiziät" (Abkehr vom Konzept des auktorialen Erzählers; die Wahrheit die viele Perspektiven kennt)
  • Nachdenken über Christa T. (1969)
    • Trauerarbeit der Autorerzählerin über die früh verstorbene Freundin Christa T. als reflexiver Prozess
    • Frage nach der Form der Individualität in der DDR: die anspruchsvolle Christa T. kommt allmählich zur Einsicht, dass die DDR-Gesellschaft nur Wert legt auf phantasielose „Tatsachenmenschen"
    • Selbstentfaltung => Systementfaltung
    • Kompliziertes Erzählen: Rückblenden, Vorgriffe, Träume, Reflexionen
  • Heiner Müller in den 1960er Jahren
    • Vor allem Klassiker-Bearbeitungen ("Griechen-Müller)
    • Abweichung vom Klassiker-Kult der marxistischen Ästhetik
    • Vorgeschichte und Präfiguration des universellen sozialistisch-marxistischen Modells >< Kritik eines allzu affirmativen Marxismus: die 'Lösung', die Utopie ist keineswegs realisiert
  • Poesie
    • Rückkehr des Ich, der Subjektivität , der Sinnlichkeit, des Irrationalen >< Primat des Kollektivs, der Arbeit
    • Kritik an einem System, das gerade diese Aspekte verbietet und verdrängt
  • Repräsentanten der Poesie
    • Reiner Kunze
    • Wolf Biermann
    • Sarah Kirsch
  • Themen der Literatur in den 1970er und 1980er Jahren
    • Scharfe Zivilisationskritik: grundsätzliche Infragestellung des real existierenden Sozialismus
    • Darstellung des gescheiterten Verhältnisses zwischen Individuum und Gemeinschaft
    • Festhalten an der (sozialistischen) Utopie
    • in den 80er Jahren = das utopische Denken in eine tiefe Krise
    • Aufarbeiten der jungen stalinistischen Vergangenheit
    • Entlarvung der offiziellen, ideologischen Lügen
    • Weibliche Literatur/ jugenliche Literatur
  • Literatur in den 1970er und 1980er Jahren
    • Interesse am Persönlichen, an den kleinen Geschichten: Abweisung der kollektiv-historischen Perspektive (der klassenlose Gesellschaft) zugunsten des privaten Augenblicks (Tagebücher, Lebensgeschichten)
    • Durchbruch der modernen, experimentellen Schreibweisen (≈ Postmodernismus)
    • Infragestellung und Subversion des eindimensionalen Wahrheitsdiskurses
    • Narratologishe Exploration der komplexen, widersprüchlichen Realität durch Distanz zwischen Erzählung und Reflexion, Perspektivierung
  • vehementer Protest
    Ende der Toleranz
  • In den 80er Jahren gerät das utopische Denken in eine tiefe Krise
  • Interesse am Persönlichen, an den kleinen Geschichten
    Abweisung der kollektiv-historischen Perspektive (der klassenlose Gesellschaft) zugunsten des privaten Augenblicks (Tagebücher, Lebensgeschichten)
  • Narratologishe Exploration der komplexen, widersprüchlichen Realität
    Distanz zwischen Erzählung und Reflexion, Perspektivierung, Subjektivierung
  • Auffallende Tendenzen/ Werke/ Autoren
    • Die technische Rationalität und deren repressive "männliche" Gewalt und Ordnungszwang vs. Phantastik, einen anderen mythisch-märchenhaften Wirklichkeitsbereich, das Verrückte, das Anarchische, das Weibliche (z.B. Irmtaud Morgner)
    • Die faktographisch-dokumentarische Literatur auf der Suche nach Authentizität und Vielfalt der Wirklichkeit (vs. offizielle Wahrheitsdiskurse): Erlebnisberichte, Reise- und Tagebücher, Memoiren, Reportagen
  • Die Perspektive der Jugend
    Ulrich Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. (1972)
  • Protagonist
    Edgar Wibeau, verträumter Außenseiter, stirbt am Ende (Selbstmord?) => ‚falsche' Identifikationsfigur
  • Subjektivismus, Normenfeindlichkeit, Kritik an der Vorbildkultur und an der Rezeption des bürgerlich-klassischen Erbes

    (cf. Goethes Die Leiden des jungen Werther, 1774)