Vorlesung 11 - Die Grenzen der Lasswell-Formel

Cards (22)

  • Transmediale Nutzungsstile
    • Definition Selektion: Wie wählen Rezipierende den Inhalt und wie entscheiden sie sich für ein bestimmtes Angebot?
    • Definition Rezeption: Wie werden die ausgewählten Inhalte aufgenommen und verarbeitet?
    • Welche dieser Möglichkeiten sind anwendbar auf mehrere Mediengattungen und damit unabhängig von konkreten Inhalten und Präsentations- und Nutzungseigenschaften?
  • Selektionsphase:
    • Evaluationstyp:
    • Direkt (zunächst Überblick verschaffen) vs. Indirekt (Zusatzinformationen durch TV-Zeitschriften)
    • Evaluationszeitpunkt:
    • Vor der Rezeption (Präkommunikative Zusatzinformationen) vs. während der Rezeption
    • Evaluationsreihenfolge:
    • Angebots- (z.B. oben nach unten) vs. Nutzergesteuert (gezielt bestimmter Startpunkt)
  • Selektionsphase:
    • Entscheidungsqualität:
    • Gründliche Prüfung der Alternativen vs. Schnell und spontan
    • Systematisch, vollständig vs. Heuristisch
    • Selektionshäufigkeit:
    • Wie häufig wechselt man zwischen den einzelnen konkreten Angeboten?
    • Werbevermeidung / - interesse:
    • Wie häufig wird bei Werbung genauer hingesehen vs. weggeschalten / weggeglickt?
  • Transmediale Nutzungsstile: Methode und empirische Befunde
    Methode:
    • Face-to-Face
    • Stichproben: Alter, Geschlecht, Bildung
    • Mediengattungen: Fernsehen, Tageszeitung, Zeitschrift und Web
  • Transmediale Nutzungsstile: Methode und empirische Befunde
    Befunde:
    • Indirekte Evaluation durch Dritte: Tipps und Anregungen für alle Mediengattungen
    • Nutzergesteuerte Evaluationsreihenfolge: Mit Lieblingssender anfangen, lesen auch Zeitschriften in Reihenfolge
    • Geringe Evaluationsqualität: Spontane Entscheidungen bei TV = Spontan bei anderen Medien
    • Selektionshäufigkeit: Bei Fernsehen umschalten = Auf Links tippen
  • Transmediale Nutzungsstile: Kritik und Relevanz
    • Nutzungsstildimensionen nicht erschöpft abgefragt
    • Ausschluss von Radio bei den Mediengattungen
    • Ausdifferenzierung des medialen Stimulus nach Inhalt und Form notwendig für Rezeptionsprozess
  • Rezeptionsmodalitäten: Herleitung und Annahmen
    Grundannahmen:
    • Rezeptionsmodalitäten und deren Abruf werden in Lern- und Sozialisationsprozessen erworben und durch wiederholte Anwendung angeeignet und angepasst.
    • Dominant gebrauchte Rezeptionsmodalitäten haben eine gewisse zeitliche Stabilität und sind Teil eines zirkulären Prozesses zwischen Auswahlentscheidung und Rezeption
  • Rezeptionsmodalitäten: Herleitung und Annahmen
    Grundannahmen:
    • Der Rezeptionsprozess beinhaltet ein variables Hin- und Herwechseln zwischen verschiedenen Modalitäten.
    • Der konkrete Rezeptionsprozess einer Person hängt von den Merkmalen des Medienangebots ab, wobei ein Wechsel der Modalitäten dort stattfindet, wo spezifische Merkmale des Angebots für den Rezipierenden wirkungsrelevant werden.
  • 4 Rezeptionsmodalitäten:
    • Identitätsarbeit: Vergleich der eigenen Person mit Figuren im Film (Socio-Involvement) und des eigenen Lebenskontextes mit Filminhalten (Ego-Involvement).
    • In-Emotion: Zusammengesetzt aus diegetischem Involvement (Bereitschaft, sich auf den Film einzulassen) und emotionalem Involvement (Einbringen und Ausleben von Emotionen in der Rezeptionssituation).
    • Imagination: Vorstellung alternativer Handlungsstränge durch die Zuschauer.
    • Produktion: Gedanken über die Entstehungsbedingungen eines Films (distanzierte Rezeptionsmodalität, negativ korreliert mit In-Emotion).
  • Rezeptionsmodalitäten: Kritik und Relevanz
    • Häufige Verwechslung zwischen Typologien und Modalitäten
    • Empirische Untersuchung herausfordernd durch die Transaktionalität und Dynamik des Ansatzes
    • Beschränkung nur auf Film
    • Relevanz wie Menschen fiktionale Filme verarbeiten, auch relevant für Filmemacher und ihr Handwerk.
  • Erfahrungshafte Rezeption:
    • WIE der Medienrezeption aus der Perspektive der narrativer Form
    • Narrativen Beiträgen wird eine besonders gute Verständlichkeit und nachhaltige Wissensvermittlung attestiert→ können metaphorisch als „Quasi-Erfahrung“ beschrieben werden
    • Narrationsforschung breit gestreut innerhalb der Forschungsfelder der Kommunikationswissenschaft
  • Dimensionen der erfahrungshaften Rezeptionsmodalität: Frey
    • Prozedurale Schemata: Ermöglichen routinierte Aufgaben mühelos und automatisch durchzuführen.
    • Wahrnehmung und Erfahrung: Sinneswahrnehmungen bauen ein inneres Bild der Situation auf.
    • Informationsverarbeitung: Neue Informationen werden mit Vorwissen kombiniert.
    • Erwartungen: Gehirn erstellt Vorhersagen basierend auf Erfahrungen.
  • Dimensionen der erfahrungshaften Rezeptionsmodalität: Frey
    • Automatischer Prozess: Viele Wahrnehmungsprozesse laufen unbewusst und automatisch ab.
    • Integration: Kognitive, emotionale und motorische Systeme arbeiten zusammen, um die Wahrnehmung zu steuern.
    • Speicherung: Erlebtes wird im Gedächtnis wie echte Erlebnisse gespeichert.
  • Dimensionen der erfahrungshaften Rezeptionsmodalität: Frey
    • Erleben: Wir fühlen uns, als ob wir wirklich in der Situation sind, auch wenn sie nur medial vermittelt wird.
    • Subjektives Erleben: Wahrnehmung fühlt sich mühelos und fließend an.
    • Präsenzgefühl: Wir empfinden eine starke Präsenz von Objekten oder Personen.
    • Realität: Wir nehmen mediale Inhalte oft als real und faktisch wahr.
    • Grundmodus: Diese Wahrnehmung ist tief in uns verankert und wird leicht aktiviert
  • Dimensionen der Mediennutzungsstrategien nach Krämer
    • Verhalten und Haltung: Anpassung an Situation und Inhalt während der Mediennutzung, basierend auf impliziten Beurteilungskriterien.
    • Zielgerichtete Mediennutzung: Strategisch und praktisch, abgeleitet aus Lebensumständen und persönlichen Präferenzen, ohne festen Plan.
    • Erlerntes Wissen und Fähigkeiten: Mediennutzung basiert auf erlerntem Wissen, psychischer Selbstregulierung, Anpassung an soziale Situationen, Management von Alltagsabläufen und räumlicher Anordnung.
  • Dimensionen der Mediennutzungsstrategien nach Krämer
    • Situationsspezifische Strategien: Entwicklung und Anpassung von Strategien durch Kombination passender Elemente aus verschiedenen Dimensionen.
    • Handlungsschemata: Strategien basieren auf erlernten Schemata aus früherer Mediennutzung und Mediensozialisation, die bei Bedarf angepasst werden.
    • Ressourcennutzung: Strategien nutzen bewusst und unbewusst verschiedene Ressourcen wie Zeit, Fremdsprachenkenntnisse oder kulturelles Wissen, was langfristige Vorteile bringen kann.
  • Dimensionen der Mediennutzungsstrategien nach Krämer
    • Soziale Position: Wahl der Mediennutzungsstrategien hängt von sozialen Faktoren wie Klasse, Geschlecht und Generation ab, basierend auf ungleicher Ressourcenverteilung und Sozialisation.
    • Dimensionen: Entwicklung von 10 Dimensionen der Mediennutzungsstrategien.
  • Dimensionen von Mediennutzungsstrategien
    1. Einsätze: Ressourcen, die (unbewusst) bei der Mediennutzung zum Einsatz kommen
    2. Profite: Langfristig positive Effekte der Mediennutzung → Kapitalarten
    3. Kosten: Aufzuwendende Ressourcen, die bewusst in die Abwägung über die Mediennutzung einfließen
    4. Gratifikationen: Bewusst und implizit gesuchter Nutzen bzw. positive Konsequenz
    5. Repertoire: Vorhandene Assoziationsstrukturen über bekannte Angebote, die in der Nutzungssituation in Betracht gezogen werden
  • Dimensionen von Mediennutzungsstrategien
    1. Arrangement: Schemata, wie Gegenstände, man selbst und andere innerhalb der Umgebung (physisch) angeordnet sind und zueinander in Verbindung gebracht werden
    2. Stil: Arten des Handelns und Entscheidens sowie der Verarbeitung, die sich als wiederkehrende Muster mit der Umwelt und der Verarbeitung medialer Erfahrungen zeigen
    3. Modalität: Ontologischer Status; Wahrnehmung der medial präsentierten Welt
    4. Haltung: Beziehung des Bewusstseins zum Präsentierteten und das Maß der Kontrolle
    5. Fokus: Schwerpunkt der Aufmerksamkeit während der Rezeption
  • Mediennutzungsstrategien – aktuelle Forschung
    • Anwendung der Dimensionen der formalen Muster (Arrangement, Stil, Repertoire) und inneren Dispositionen (Modalität, Haltung, Fokus) auf den Kontext der Social Media-Nutzungsstrategien
    • Durchführung semi-strukturierter qualitativer Interviews
    • Teilnehmende sollten retrospektiv über explizit passive Nutzungssituationen auf Instagram berichten
  • Mediennutzungsstrategien – aktuelle Forschung
    • Befunde zeigen:
    • Soziale Medien werden als einfache und automatische Methode zur Zeitvertreibung in verschiedenen Situationen und physischen Zuständen genutzt → etwa das klassische Nachrichten-Checken in der Früh im Bett liegend (Arrangement)
    • Sie dienen als Inspirationsquelle im weitesten Sinne, von alltäglichen Aktivitäten bis hin zu einem bedeutungsvollen Leben.
    • Rezipierende navigieren (Stil) und erleben ästhetische und authentische Welten (Modalität) auf verschiedene Weise (Haltung): distanziert oder emotional, kritisch oder selbstkritisch etc.
  • Mediennutzungsstrategien – aktuelle Forschung
    • Weitere empirische Ansätze (im Rahmen eines DFG-Projektes): U.a. Untersuchung der inneren Haltung bei der Medienrezeption verschiedener sozialer Klassen anhand qualitativer Interviews (unter der Leitung von Laura Aleman); Untersuchung der Nutzungsstile bei der Rezeption audiovisueller algorithmengestützter Plattformen (unter der Leitung von Max Lechner)