9. Die kopernikanische Revolution

Cards (18)

  • Die kopernikanische Revolution (Folie 552 – 575)
    • Kulturhistorisch wichtiges Ereignis: Wechsel vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild
    • Es gab einen Konflikt zwischen dem aristotelischen Kosmos und dem Epizykelmodell, weil letzteres keine konzentrischen Bewegungen mehr beschreibt, was den kristallinen Sphären des Aristoteles widerspricht
  • Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543): Umkehrung der Reihenfolge
    o Skizziert Sonnensystem mit Sonne im Zentrum
    o Sein Werk De revolutionibus
    ▪ Gingerich erstellte Bibliographie aller noch vorhandenen Exemplare der ersten beiden Auflagen und schrieb ein Buch: „The Book That Nobody Read“ erzählt Geschichte des Werkes im historischen Kontext
    ▪ Im 16. Jhd. Schon großer Einfluss des Werks
    ▪ Im 17. Jhd. Von der Kirche auf den Index gesetzt
    ▪ Klingt teilweise philosophisch/ästhetisch
    ▪ Neues Bild des Kosmos erklärt die Beobachtungen ebenfalls
  • Geozentrisch vs. heliozentrisch
    o Erklärung der retrograden Bewegung
    ▪ Beide Modelle liefern natürliche (geometrisch-kinematische) Erklärung
    ▪ Bis hier also empirisch äquivalente Theorien
  • Erklärung der beschränkten Elongation innerer Planeten
    Geozentrisch: keine Erklärung
    Heliozentrisch: maximaler Winkel Sonne-Erde-Planet ist durch Radius der Erdbahn und der Bahn des inneren Planeten bestimmt
    ▪ Heliozentrisches System liefert natürliche Erklärung dafür,
    dass Merkur und Venus immer nur in Sonnennähe zu sehen sind
    ▪ Theorien also nicht mehr äquivalent
  • Tycho Brahe (1546 – 1601)
    o Stellt geoheliozentrisches System vor: Mischform
    o Also kein plötzlicher Wechsel von geo- zu heliozentrisch
    o Erde im Zentrum, Sonne und Mond bewegen sich auf ptolemäischen Bahnen, die anderen Planeten kreisen auf Epizykeln um die Sonne
    o Erklärt beschränkte Elongation der inneren Planeten
  • Johannes Kepler (1571 – 1630)
    o Arbeitet kurz vor Brahes Tod mit ihm in Prag
    o War von Anfang ein Kopernikaner
    o Mysterium cosmographicum (1596)
  • Fragen, die sich der junge Kepler stellte
    • Wie erklären sich die Abstände der Planeten?
    • Warum gibt es sechs Planeten?
    • Welches sind die physikalischen Ursachen für die Himmelserscheinungen?
    ▪ Erklärt Reihenfolge und relative Abstände der Planeten über platonische Körper
    ▪ Zentrale Sonne wird zur antreibenden Ursache, deren Kraft mit dem Abstand abnimmt
  • o Platonische Körper und Planetenabstände
    ▪ Jeder platonische Körper hat Inkugel (Mittelpunkte der Flächen) und Umkugel (Ecken)
    ▪ Keplers Überlegung: schachtele alle platonischen Körper so ineinander, dass jeweils Umkugel des inneren Körper die Inkugel des äußeren ist
    ▪ Das liefert 6 Kugeln
    ▪ In der richtigen Reihenfolge entsprechen die relativen Kugelradien ungefähr den relativen Planetenabständen
    ▪ Reihenfolge: Hexaeder, Tetraeder, Dodekaeder, Ikosaeder, Oktaeder
  • Astronomia nova (1609)
    ▪ Hat Marsbeobachtungen von Brahe, will die kopernikanisch berechnen
    ▪ Kommt zu dem Schluss, dass der Mars auf einer elliptischen Bahn kreist
    ▪ Das war Bruch mit der Tradition seit Menschengedenken
    ▪ Hatte Glück, dass er den Mars untersuchte, weil dort die Ellipse am stärksten ist
    ▪ Führt das Flächengesetz ein
  • o Harmonice Mundi (1619): formuliert das, was wir heute drittes keplersches Gesetz nennen
  • o Epitome Astronomia Copernicae (1619 – 1621): einflussreiche Darstellung der Astronomie auf Grundlage des kopernikanischen Systems
  • Die drei keplerschen Gesetze (modern)
    ▪ Wir wissen nicht, wie er darauf kam
    1. Planetenbahnen sind Ellipsen (mit Sonne in einem der Brennpunkte)
    2. Ein von Sonne zu Planet gezeichneter Fahrstrahl überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen (heute über Drehimpulserhaltung)
    3. Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachsen der Umlaufbahnen (heute über Energieerhaltung)
    ▪ Bedeutet endgültigen Bruch mit der ptolemäischen Theorie
    • Planetenbahnen sind keine Kreise mehr
    Sonne ist im Mittelpunkt des Sonnensystems
  • Galileo Galilei (1564 – 1642)
    o Erfindung des Teleskops
    ▪ erste Berichte über ein Teleskop ca. 1608 in Holland
    ▪ Galilei baut selbst ein Instrument (Jul/Aug 1609)
    ▪ Galilei beobachtet den Himmel mit seinem Fernrohr und berichtet über seine Beobachtungen in dem Siderius Nuncius (1610)
  • Siderius Nuncius (1610)
    ▪ Das erste Werk, in dem über Himmelsbeobachtungen mit dem Teleskop berichtet wird
    ▪ Galileo argumentiert für das heliozentrische Weltbild
  • Beobachtung der Jupitermonde zeigt
    • Dass nicht nur die Erde einen Mond hat
    • Dass Jupiter mit seinen Monden (Callisto, Ganymed, Io, Europa) ein ähnliches System wie das Sonnensystem darstellt
    ▪ Beobachtung der Mondkrater zeigt, dass der Mond eine ähnliche Oberflächenstruktur wie die Erde hat und erlaubt genauere Größenabschätzungen
    ▪ Erde verliert dadurch ihren Einzigartigkeitsstatus
    ▪ Beobachtung der Venusphasen spricht für das kopernikanische System
  • Skizziere geozentrisch und heliozentrisch
    A)
    B)
  • Galilei und die Inquisition
    ▪ 1616: Galilei wird von der Kirche ermahnt, das heliozentrische Weltbild nicht weiter zu verbreiten
    ▪ 1632: schreibt Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltensysteme
    • Unterhaltung zwischen
    o Salviati: vertritt Galileis Ansichten
    o Sagredo: neugieriger Laie
    o Simplicio: dogmatischer Aristoteliker
    • Ansichten von Papst Urban VIII werden Simplicio in den Mund gelegt
    ▪ Konsequenz: Galilei wird gezwungen, seine kopernikanische Überzeugung zu widerrufen und unter Hausarrest gestellt
    o Vergleich der Weltsysteme: Jesuiten halten am geozentrischen System fest
  • Zusammenfassung
    o Wir sehen die Veränderung der Auffassung des Kosmos in der kopernikanischen Revolution als eine komplexe, schrittweise Transformation wesentlicher Elemente, die den Raumbegriff ausmachen
    o treibende Kraft in der Dynamik dieses Prozesses ist die mathematische Astronomie, deren Konstruktionen einerseits durch Empirie gestützt, andererseits aber auch physikalisch interpretiert werden in einem kosmologischen Weltbild